Kind

„Ich empfinde die Vielfalt der Menschen als bereichernd“

„Ich empfinde die Vielfalt der Menschen als bereichernd“

Das ausführliche Interview mit Elsbeth Oberhammer gibt’s hier im Podcast.

Im Mehrgenerationenhaus Kulmbach begegnen sich Menschen unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Herkunft. Die Geschwister-Gummi Stiftung hat das für die Region beispielgebende Projekt initiiert. Auch nach sechs Jahren als Leiterin der Einrichtung, gibt es noch Momente, die Elsbeth Oberhammer begeistern.

In welchen Momenten sind Sie besonders dankbar für Ihren Beruf?

Wenn ich zum Beispiel mit meiner Freundin Ikram [Besucherin des Mehrgenerationenhauses, Anmerkung der Redaktion] im Schnee spazieren gehe und sie sich so darüber freut, wie sehr der Schnee glitzert. Das ist einfach schön!

Waren Gemeinschaftserlebnisse wie dieses schon immer der Kern der Geschwister-Gummi-Stiftung?

Die Geschwister Gummi haben vor etwa 150 Jahren eine Stiftung zur Pflege von evangelischen Waisenkindern gegründet. Das erste evangelische Waisenhaus stand auch tatsächlich am Holzmarkt in Kulmbach und musste nach einigen Jahren erweitert werden. 1907 konnte dieses Haus hier eröffnet und bezogen werden. Damals auf der grünen Wiese vor den Toren der Stadt. 

Jetzt sind wir natürlich mittendrin! Vor etwa 25 Jahren ist das Kinderheim dann hier ausgezogen, weil die Bestimmungen sich verändert haben. Dadurch wurde Platz für neue Ideen. 

Wie hat sich das Projekt weiterentwickelt?

Wir wollten wieder was für Familien und Kinder verwirklichen. Also starteten wir mit dem familienfreundlichen Café. Hier treffen sich junge Familien und Mütter, um sich auszutauschen. Die Kinder können hier krabbeln, spielen und laut sein – und niemand stört sich daran. Und dann sind nach und nach die anderen Angebote ins Haus eingezogen. 

Welche sind das konkret?

Wir haben für viele Generationen ein Angebot. Wer handwerklich begeistert ist, gerne einen aktiven Ruhestand genießen möchte, kann sich in unserer professionell ausgestatteten Schreinerwerkstatt engagieren. Oder einen Schnitzkurs besuchen, sich von unseren Profis was zeigen lassen. Alle Werkstatt-Mitarbeiter basteln und werkeln regelmäßig – aktuell für unseren Weihnachtsmarkt zum Beispiel. 

In unserem Fairtrade-Café kommt man bei Kaffee und Kuchen gut miteinander ins Gespräch. Auch ehrenamtliches Engagement ist hier möglich: Als Sprachpate, Lernpate oder in unserem KuKaTz-Secondhand-Laden. Dort gibt es Babyausstattung, Spielsachen oder auch Klamotten für Kinder und Erwachsene zu einem kleinen Preis.   

Und im zweiten Stock ist unser Bildungsangebot. Musikgruppen für Kinder und für Mütter Sprach- und Sportkurse, wie etwa Pilates oder Rückbildung. Insgesamt ist also für jeden was dabei!

Elsbeth Oberhammer im Café des Mehrgenerationenhauses

Welches Ziel verfolgen Sie mit dem Mehrgenerationenhaus?

Meinen Auftrag sehe ich darin, für junge Familien ein adäquates Angebot zusammenzustellen und immer im Blick zu haben: Was brauchen unsere Familien im Moment? Das ist sehr spannend, weil sich das ständig verändert. 

Der andere Schwerpunkt dieses Hauses speziell ist das Thema Migration, Arbeit mit Geflüchteten. Da gibt es die Sprachpaten-Angebote und die Frauengruppe. Hier treffen sich arabische Frauen seit mehreren Jahren und sind unglaublich aktiv. Damit konnten wir einen guten Beitrag leisten, dass die Frauen und ihre Familien sich gut hier integrieren konnten. 

Nun gibt es ja leider immer wieder kritische Stimmen aus der Bevölkerung, was die geflüchteten Menschen angeht. Was entgegnen Sie diesen Kritikern?

Ich würde ihnen mitgeben, dass wir uns an unsere eigene deutsche Geschichte erinnern. Auch bei uns gibt es viele Menschen mit Fluchterfahrungen. Unser Besuch im Seniorenheim fand ich sehr beeindruckend. Die Senioren und Seniorinnen haben dort sehr bewegt von ihren eigenen Fluchterfahrungen erzählt und zu den geflüchteten Frauen gesagt: „Wir wissen, wie’s euch geht.“ Ich denke das tut unserer mittleren und jüngeren Generation ganz gut, da mal auf die eigenen Großeltern zu hören, die haben da manchmal mehr Empathie. 

Wenn man sieht, welchen Weg die Geflüchteten genommen haben und wie gut sie sich integriert haben, dann macht das Mut. Wir dürfen sie nicht alleine lassen. Müssen sie gut begleiten. Unsere Welt erklären. Und nicht voraussetzen, dass unsere Welt sich selbst erklärt.

Und es ist eine Chance! Bei uns fehlen so viele Arbeitskräfte. Da sage ich: Die Geflüchteten kommen doch wie gerufen. Wir brauchen sie ganz einfach. 

Ihr Beruf klingt wahnsinnig komplex. Bei all den unterschiedlichen Projekten, wie motivieren Sie sich täglich aufs Neue?

Ich empfinde die Vielfalt der Menschen hier als sehr bereichernd. Die engagierten Ehrenamtlichen, die Arbeit mit älteren Menschen, zu sehen, dass ich einer jungen geflüchteten Familie weiterhelfen konnte. Das erweitert meinen Horizont immer wieder. 

Oder die Selbsthilfegruppen. Seit einigen Jahren treffen sich hier Eltern von Kindern mit Autismus-Asperger-Syndrom oder anderen Beeinträchtigungen. Den Perspektivwechsel von der Seite der Erzieherin zum Blickwinkel der Betroffenen finde ich wahnsinnig wertvoll. Zu sehen mit welchen Hindernissen und Vorurteilen die Familien zu kämpfen haben, konnte ich mir zuvor nur schwer vorstellen. Und da auch mitzuhelfen, dass bei Institutionen, Einrichtungen und Behörden mal mehr der Gedanke entsteht: Wir sind eigentlich dafür da die Familien zu unterstützen, ihnen zu helfen. Und nicht zusätzliche Hürden aufzubauen und die Familien als Bittsteller kommen zu lassen.  

Welche Hürden werden den Familien da beispielsweise gestellt?

Eine Familie mit einem an Trisomie 21 erkrankten Kind musste etwa jährlich einen Bogen ausfüllen, dass diese Behinderung noch besteht. Das ist fast beleidigend für die Familie, denn sie wünschen sich ja nichts sehnlicher, als dass sich die Erkrankung einfach in Luft auflöst. Oder die Einrichtungen und Schulen lassen durchblicken, dass das Kind sehr anstrengend für den eigenen Betrieb ist. Statt zu fragen „Was braucht ihr von uns? Wie können wir euch helfen?“, wird kommuniziert „Das erwarte ich von Ihnen.“ Ich wünsche mir wirklich, dass es da in vielen Köpfen noch ein Umdenken gibt.


Posted by Jennifer Schnell in Genuss & Leben, Jennifer Schnell, Unser Oberfranken
Kinder- und Jugendhilfe – Die Schattenseite

Kinder- und Jugendhilfe – Die Schattenseite

Kinder- und Jugendhilfe – Geschwister-Gummi-Stiftung

 „Die gesundheitliche Situation bei Kindern und Jugendlichen hat sich in Deutschland (…) in den vergangenen Jahrzehnten deutlich verändert.“ Das schrieb die Bundes Psychotherapeuten Kammer im Jahr 2019. So spielen Infektionskrankheiten heute nur noch eine nachrangige Rolle und psychische und psychosomatische Krankheiten gewinnen an Bedeutung. Bei Kindern und Jugendlichen sei jeder Zwanzigste von einer behandlungsbedürftigen psychischen Erkrankung betroffen. Am häufigsten sollen Störungen der Entwicklung, der Emotionalität und des Sozialverhaltens auftreten.

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Themenschwerpunkte:

„Fallzahlen der psychischen Störungen steigen an“

„Generell steigen die Fallzahlen der psychischen Störungen bei Kindern an“, sagt auch die Dipl. Psychologin Caroline Schmidt. Sie arbeitet im psychologischen Fachdienst als Therapeutin bei der Geschwister-Gummi-Stiftung in der Kinder- und Jugendhilfe in Kulmbach. Dafür seien auch die zunehmenden Störungen im Familiensystem verantwortlich. „Trennungen, finanzielle Schwierigkeiten oder zunehmender Stress durch die Arbeit beispielsweise. Das alles wird gleichzeitig zum Risikofaktor für Kinder.“ Caroline Schmidt hat in den vergangenen Arbeitsjahren eine eigene Theorie dafür entwickelt, warum Familien immer häufiger mit den oben genannten Schwierigkeiten zu kämpfen haben: „Es sind unglaublich viele soziale Netzwerke weggebrochen, zum Beispiel die Familienverbände, die sich gegenseitig unterstützt haben. Heute gibt es zu viel scheinsoziales Netzwerk, über die Medien oder irgendwelche Foren; das trägt zur Verunsicherung vieler Menschen bei.“ Hinzu komme, dass „wir eine gestresste Gesellschaft sind“. Das alles seien Risikofaktoren.

Das Zentrum für Familie und Erziehung

Das Zentrum für Familie und Erziehung der Geschwister-Gummi-Stiftung gliedert sich in die Bereiche: Stationärer Wohnbereich, teilstationärer Bereich der heilpädagogischen Tagesstätten und den Bereich der ambulanten Maßnahmen. Caroline Schmidt ist überwiegend im stationären und teilstationären Bereich tätig. Bei Kindeswohlgefährdungen unterstützt sie außerdem die ambulanten Kräfte als psychologische Fachkraft. Im stationären und teilstationären Bereich arbeitet sie unter anderem als Psychotherapeutin mit den Kindern und Jugendlichen im Einzelsetting und führt die Diagnostiken bei Kindern durch, die in den Heimen aufgenommen werden. Zudem erstellt sie Verlaufsdiagnostiken und übernimmt koordinierende Aufgaben, wie Teamberatung und Elterngespräche. 

Insgesamt sind zirka 80 Kinder und Jugendliche in den Wohngruppen der Geschwister-Gummi-Stiftung untergebracht. Die Altersspanne der Kinder reicht von eineinhalb Jahren bis hin zum jungen Erwachsenenalter. Die Kleinsten sind in einer intensivpädagogischen Wohngruppe untergebracht, die ältesten in den Außenwohngruppen. Zusätzlich gibt es die therapeutische Wohngruppe, in der Kinder sind, die einen höheren therapeutischen Bedarf haben und die systemtherapeutische Wohngruppe, in der besonders intensiv mit der Familie gearbeitet wird, um die Kinder wieder zurückzuführen.

Wie Kinder ins Heim kommen

„Es gibt zwei verschiedene Zugangsarten, wie die Kinder in die Heime kommen“, erklärt Caroline Schmidt. Zum einen, wenn sich die Eltern nicht mehr dazu in der Lage fühlen – dauerhaft oder vorrübergehend – ihre Kinder angemessen zu erziehen und zu versorgen. „Sie wenden sich dann an das örtliche Jugendamt und beantragen Hilfe zur Erziehung.“ Das Jugendamt kümmere sich dann, gemeinsam mit den Eltern, um eine stationäre Wohngruppenunterbringung. Bei einem Vorstellungstermin lerne die Familie dann die Einrichtung kennen und könne sich dafür oder dagegen entscheiden. Die zweite Zugangsart ist die Inobhutnahme. Das passiere dann, wenn die Kinder in der Familie akut gefährdet sind. Zum Beispiel wegen emotionaler oder physischer Vernachlässigung, Gewalt oder Missbrauch im häuslichen Umfeld. „Das kann kurzzeitig auch gegen den Willen der Eltern stattfinden.“

Die Geschwister-Gummi-Stiftung setzt sich sehr stark dafür ein, dass Kinder wieder in ihre Herkunftsfamilien zurückgeführt werden können. „Wir arbeiten intensiver als andere Einrichtungen an einer Rückführung. So zum Beispiel durch intensive Fachdienstarbeit, Geschwisterarbeit und Elterntraining.“ Trotzdem gibt es laut Caroline Schmidt Kinder, die seit ihrer Aufnahme als dauerhaft untergebracht gelten oder bei denen es sich im Laufe der Zusammenarbeit mit der Familie ergeben hat, dass eine Rückführung nicht mehr möglich ist. 

Warum leben immer mehr Kinder im Heim?

Auf die Frage, ob man es gliedern könne, in die Kinder, die aufgrund der zu starken Belastung der Eltern ins Heim kommen und in die Kinder, die aufgrund ihrer eigenen psychischen Krankheit ins Heim gekommen sind, antwortet die Psychotherapeutin Caroline Schmidt: „Es geht immer darum, dass in dem ganzen Familiensystem eine Belastung da ist. Ich sehe das nicht so, dass man es in die zwei Bereiche konkret gliedern kann. Das ist ein gegenseitiges Bedingungsgefüge.“ Die Heime betreuen, laut der Psychologin, zunehmend Kinder von Eltern, die selbst psychisch krank sind und aufgrund dessen ihren Erziehungsaufgaben nicht mehr nachkommen können. Das habe Auswirkung auf die Kinder. Die Kinder wüchsen dann unter Bedingungen auf, die zur Vernachlässigung führen, die Verstörung und Traumatisierung bewirken können – und das, ohne ein wirklich feststellbares Trauma. „Bis zu 85 Prozent aller Kinder in der stationären Jugendhilfe sind traumatisiert und das überwiegend durch die Beziehung an sich, die sie zu Hause erlebt haben.“ Das seien die Kinder, die in ihrem häuslichen Umfeld, in ihren engsten Beziehungen, erlebt haben, dass Gefahr besteht, sodass sie Angst haben, nicht sicher zu sein.

Die therapeutische Arbeit

Der überwiegende Teil der traumatisierten Kinder habe Erfahrungen der Vernachlässigung und der Mangelversorgung machen müssen. „Meiner Einschätzung nach hat die emotional, psychische Vernachlässigung und Verwahrlosung enorm zugenommen.“ Dies passiere auch nicht immer absichtlich, das geschehe häufig in massiven Überforderungssituationen. Wenn Caroline Schmidt mit den Kindern therapeutisch arbeitet, stellt sie immer wieder fest: „Wir Therapeuten in der stationären Hilfe haben eine recht komfortable Situation.“ Sie habe erstmal keine Begrenzungen, was die Anzahl der Therapiestunden anbelangt. Außerdem sei die enge Vernetzung zwischen den internen Fachdiensten und den Wohngruppen von großem Vorteil. „Wir können kindorientierter arbeiten, ich kann mir Zeit mit den Kindern lassen.“ Und das brauche man auch oft, denn es gibt Kinder und Jugendliche, die ein grundsätzliches Misstrauen gegenüber Erwachsenen haben. „Wir möchten dann auch keinen Widerstand knacken oder eine Abwehr brechen; das Kind soll selbst Vertrauen finden, vor allem durch die Zuverlässigkeit und Vorhersehbarkeit aller Angebote.“ Das Gute sei, dass die Kinder die Therapeuten im Haus gut kennen. „Wir sind immer ansprechbar und können jederzeit erreicht werden. Das wissen die Kinder auch.“ Neben den Einzeltherapien werden zusätzlich Gruppenangebote, Stunden mit einer Kunsttherapeutin und Familientherapeutische Maßnahmen angeboten.

Eine Therapiemöglichkeit

Geschwister-Gummi-Stiftung

Posted by Sarah Schmidt in Kindheit, Kindheit im Wandel der Zeit, Sarah Schmidt
ASCOLINO – Bilingualer Kindergarten

ASCOLINO – Bilingualer Kindergarten

Am 7. Januar 2020 öffnete der bilinguale Kindergarten „ASCOLINO“ in Coburg seine Pforten. Die Idee dazu stand bei der überregional bekannten Sprachenschule ASCO schon lange im Raum. Multilinguale Kommunikationsfähigkeit sowie interkulturelle Kompetenzen gelten heute als Schlüsselqualifikationen und Mehrsprachigkeit fast als ein „Muss“ für jeden EU-Bürger. Forschungen haben ergeben, dass (Fremd-) Sprachenlernen meist dann am erfolgreichsten ist, wenn möglichst früh damit begonnen wird – das heißt am besten noch vor dem Englisch-Unterricht in der Grundschule.

Dass Kinder bilingual erzogen werden, ist keine Seltenheit: Nach Angabe der Deutschen Gesellschaft für Sprachwissenschaft wächst heute mehr als die Hälfte aller Menschen mit mehr als einer Sprache auf. Insgesamt gibt es etwa 6000 – 7000 Sprachen und beinahe 200 in der UN vertretene Staaten. Wenn man diese Zahlen in Beziehung setzt, wird klar, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass ein Kind ein Leben lang mit nur einer einzigen Sprache konfrontiert wird. Umso besser, wenn es gut vorbereitet ist.1  4

Das sprachliche Lernvermögen

Viele Wissenschaftler haben sich mit der Frage beschäftigt, warum Kinder, die früh mit einer Fremdsprache in Berührung kommen, diese mit größerer Wahrscheinlichkeit zur Vervollkommnung bringen. Nach Angaben von W. Klein vom Max-Planck-Institut für Psycholinguistik in Nijmegen (Niederlande) wächst das Kommunikations- und Satzkonstruktionsvermögen mit dem Erlernen einer neuen Sprache bei jungen wie bei älteren Menschen. Die Fähigkeit, Lautfolgen zu kopieren, nimmt jedoch mit der Zeit ab. Bei Kindern könnte die Motivation indessen höher sein, eine Sprache perfekt zu beherrschen, denn sie müssen sich erst noch eine soziale Identität in einer Gemeinschaft aufbauen. Diese höhere Motivation führt demnach zu besseren Resultaten.1 2

One person, one language

Es lohnt sich, eine Fremdsprache früh zu erlernen, betont auch Sabine Groh, Leiterin des ASCOLINO-Kindergartens: „Wenn ein Kind von Anfang an eine Sprache als Muttersprache lernt, und diese sich gefestigt hat, dann gibt es für andere Sprachen überhaupt kein Problem mehr“. Entscheidend sei dabei, dass das Erlernen der Fremdsprache kontinuierlich von Muttersprachlern begleitet wird.

„Wir haben bei uns im Kindergarten einen Native Speaker, das heißt jemanden, der sich dann wirklich nur in der Fremdsprache, bei uns Englisch, mit den Kindern unterhält“, erklärt sie. Diese Maßnahme folge dem „One person, one language“ – Prinzip, das 1902 von dem französischen Linguisten Maurice Grammot entwickelt wurde, um „Sprachverwirrung“ vorzubeugen. Es fällt den Kindern so leichter, verschiedene Sprachen und Kulturen auseinander zu halten.3

Muttersprachler im Team zu haben sei auch dahingehend von Vorteil, dass sie sich authentisch verständigen und die Klangfarbe der Sprache unmittelbar an die Kinder weitergeben können, erklärt Groh weiter. Konventioneller Englisch-Unterricht, der nur sporadisch oder durch längere Perioden des Nicht-Lernens unterbrochen werde, könne bei Kindern nicht die gleichen Erfolge erzielen – „Es ist einfach etwas ganz anderes, wenn die Kinder die Sprache immer wieder im Alltag anwenden“, hält sie fest.

Barrieren abbauen

Das muss nicht immer von Beginn an perfekt klappen. Auch Sprachbarrieren abzubauen, ist ein Ziel der Erzieher. „Irgendwie kann man sich immer verständigen“, behauptet Groh, „man muss es nur versuchen. Und je öfter man es versucht, desto eher ist man am Ende in der Lage, sich zu verständigen“. Später können Sprachen viele Türen öffnen – zu höheren Bildungseinrichtungen oder internationalen Unternehmen, aber auch zu fremden Kulturen und neuen Bekanntschaften.

Dass viele Eltern diese Ansicht teilen, zeigt die große Nachfrage nach ASCOLINO – Kindergartenplätzen. Die aktuell angebotenen 25 Regelplätze für Kinder im Alter von 2,5 bis 6 Jahren sind bereits vergeben, aber die Zahl der Interessenten reißt nicht ab. „Wir haben tatsächlich auch schon viele Anfragen von Familien aus dem Ausland bekommen,  die nach Coburg ziehen werden“, erklärt Sabine Groh. Grundsätzlich stehe ASCOLINO jedem Kind offen, fährt sie fort, ungeachtet dessen, ob es selbst einen bilingualen Hintergrund aufweist oder auf Wunsch der Eltern dabei ist.

Mittelfristig sollen mindestens 50 Plätze angeboten werden – mit der langfristigen Option einer Erweiterung um eine Krippengruppe. Da ein Ausbau bestehender Räumlichkeiten nicht möglich war, musste der Kindergarten vorerst auf eine Containerlösung in der Alexandrinenstraße  ausweichen. Auch hier sei langfristig geplant, einen festen Standort zu finden, erklärt Groh. Voraussetzung für alle Maßnahmen ist allerdings eine Entfristung der zugewiesenen Betreuungsplätze durch die Stadt Coburg.

(1) Vgl. Prof. Dr. Klein, W. (Max-Planck-Institut für Psycholinguistik): „Mechanismen des Erst- und Zweitspracherwerbs“, in: Sprache · Stimme · Gehör, 2007; 31, p. 138 – 143.

(2) Vgl. hierzu auch: Bialystok, Ellen: „Bilingualism: The good, the bad, and the indifferent*“, in: Bilingualism: Language and Cognition, 12 (1), 2009, p. 3–11.

(3) Vgl. Barron-Hauwaert, Suzanne: The One-Parent-One-Language Approach. Multilingual Matters, Clevedon 2004, p. 1ff.

(4) Vgl. Deutsche Gesellschaft für Sprachwissenschaft: „Mehrsprachigkeit. Können Kinder nur eine Sprache gleichzeitig lernen?“, URL: https://dgfs.de/de/thema/bilingualer-erwerb.html [letzter Aufruf: 22.03.2020].

Mehr Informationen gibt es hier: https://ascolino.de/

Wer sich für das Thema „Kindergarten“ interessiert, kann sich hier weiter umsehen:

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Posted by Ann-Kathrin Fischer in Ann-Kathrin Fischer, Kindheit, Pädagogische Projekte für Kinder/Jugendliche
Kinder-Uni in Kronach

Kinder-Uni in Kronach

Kronach wird Hochschulstandort – und war es doch schon längst. Zumindest wenn man die Kinder-Uni mitrechnet – ein Projekt, das 2014 durch „Kronach Creativ“ ins Leben gerufen wurde, einem Verein zur Förderung des Wirtschafts- und Lebensraums Landkreis Kronach. Ein Interview mit Sabine Nuber, Leiterin des Koordinierungszentrums für bürgerschaftliches Engagement in Trägerschaft von Kronach Creativ.

Was macht die Kronacher Kinder-Uni so besonders?

Die Kronacher Kinder-Uni ist zwar angelehnt an die Kinder-Unis, die Teil des Bildungsprogrammes einer Hochschule darstellen, wir unterscheiden uns von diesen aber darin, dass wir eigenständig operieren. Wir gehören also nicht einer speziellen Hochschule an. Als wir 2014 begannen, wussten wir noch nicht, dass Kronach Hochschulstandort wird. Wir wollten aber schon damals etwas hier bewegen.

Bei Kronach Creativ gab es zu dieser Zeit das Projekt „Demografie Pilotregion Oberfranken“, bei dem wir für den Landkreis Kronach erarbeiteten, was es an Möglichkeiten oder Ansätzen gibt, um dem demografischen Wandel entgegenzuwirken. Schwerpunktmäßig haben wir uns mit der Arbeitsplatzsituation beschäftigt. Wir waren der Meinung, dass wir unseren Kindern eigentlich ganz früh schon aufzeigen sollten, welche Chancen und Möglichkeiten es hier gibt. Wir wollten nicht, dass sie mit dem Gedanken aufwachsen, sie müssten immer irgendwo hin, um gewisse Angebote wahrzunehmen. Also dachten wir uns: „Damit wir nicht zu diesen Angeboten fahren müssen, holen wir diese Angebote zu uns“.

Was ist dann genau passiert?

Wir haben uns mit der Universität Bamberg zusammengetan, die damals in Kooperation mit dem Fränkischen Tag eine Kinder-Uni ausrichtete. „Könnt ihr euch vorstellen, eine Veranstaltung bei uns in Kronach zu machen?“, haben wir gefragt. Und wir rannten eigentlich offene Türen ein. Die Uni antwortete: „Den Gedanken hatten wir auch schon“. Im November 2014 planten wir dann als Testlauf einen Studientag in Kronach und einen in Forchheim.

Das Angebot wurde überdurchschnittlich gut angenommen. Die Dozenten der Uni Bamberg sagten damals, sie wären schon zufrieden, wenn zwanzig oder fünfundzwanzig Kinder erschienen. Letztendlich waren es aber über fünfzig, die die Aula der Lucas-Cranach-Schule bevölkerten. Und nachdem das so gut gelaufen ist, meinten die Verantwortlichen der Uni Bamberg: „Eigentlich könnt ihr das alleine“. Und tatsächlich haben wir es uns nach diesem Erfolg auch zugetraut. So entstand die Kinder-Uni in Kronach, eine hochschulunabhängige Einrichtung, mit eigenem Logo, eigenem Projekt-Team. Unsere Dozenten kommen aus verschiedenen Hochschulen jeweils an zwei Terminen im Jahr zu uns.

Welche Universitäten waren bisher vertreten?

Wir sind in der glücklichen Lage, dass es viele Hochschulen gibt, die in einem Umkreis von maximal 100km von uns entfernt sind: Coburg, Bamberg, Bayreuth, Hof oder auch Ilmenau. Neben diesen Bildungseinrichtungen haben wir aber voraussichtlich auch bald eine Dozentin von der Universität des Saarlandes zu Gast. Letztendlich sind wir stolz darauf, vielen unterschiedlichen Universitäten hier in Kronach eine Plattform zu bieten.

Die Dozenten der jeweiligen Unis freuen sich meistens, ihre Vorlesungen einem größeren Kreis an Interessenten zugänglich zu machen. Auch wenn diese Interessenten noch sehr jung sind. Manchmal birgt der Austausch mit dem jungen Publikum gerade ein besonderes Potential, und zwar für beide Parteien. Die Dozenten müssen versuchen, komplexe Themen einfach zu vermitteln und die Kinder fühlen sich herausgefordert und wollen umso begieriger verstehen. Wenn die Dozenten hierher kommen, machen sie natürlich außerdem immer auch ein bisschen Werbung für ihre Universität.

Welche positiven Erfahrungen haben sie bei der Kinder-Uni in Kronach schon gesammelt?

Da gibt es viele. Wir hatten zum Beispiel mal einen jungen Mann, der auf die Frage, ob er beim nächsten Mal wieder dabei sein werde, antwortete: „Das kommt ganz auf eure Themen an. Wenn wieder ein historisches Thema drankommt, dann schon.“ Er war es dann auch, der sich nach dem Vortrag noch mit dem Dozenten unterhalten und ihn gefragt hat, was man eigentlich machen müsse, um Professor zu werden.

Ein andermal waren die Kinder so am Stoff interessiert, dass der Dozent vor lauter Fragen fast nicht dazu kam, seine Vorlesung zu halten. Da zeigt sich dann immer deutlich, dass Kinder von Natur aus neugierig und auch bereit sind, sich schwierigeren Themen zu widmen.

Die Dozenten bemühen sich in der Regel aber auch, den Unterricht möglichst anschaulich zu gestalten. In einer unserer ersten Vorlesungen ging es um römische Gladiatoren und der Dozent hatte eine Gladiatoren-Rüstung dabei, mit einem Schild und einem Helm. Im Anschluss an die Vorlesung durften die Kinder diese dann tatsächlich anprobieren. So konnten sie erleben, wie schwer die Sachen eigentlich sind.

Auch letztes Mal musste ich schmunzeln. Da war ein Dozent bei uns, der während der ganzen Stunde alle Kinder siezte. Für die Kinder ist das natürlich ein erhebendes Gefühl, wenn sie plötzlich mit „Sie“ angesprochen werden.

„Es ist Zeit, zu inspirieren.“

Wie funktioniert die Kinder-Uni?

Der Vorlesungstag wird vorher im Internet ausgeschrieben und über Flyer an Schulkinder der Jahrgangsstufen 2 – 6 bekanntgegeben. Die Anmeldungen gehen dann online hier bei uns im Büro ein. In der Regel findet die Kinder-Uni in der Aula der Lucas-Cranach-Schule statt, weil wir dort die Möglichkeit der Mensa-Nutzung haben. Die Kinder werden am Vormittag von den Eltern gebracht und von uns in Empfang genommen.

Bei der Anmeldung stehen zwei Tische: Einer für die Kinder, die noch nie und einer für die Kinder, die schon mal da waren. Für alle Neulinge gibt es einen Studentenausweis, in dem der Name eingetragen wird. Und sie kriegen ein Schlüsselband, wo sie diesen Ausweis reinstecken, damit wir die Kinder auch mit Namen ansprechen können. Dann bekommen sie noch ein Studienbuch. Dieses Studienbuch beinhaltet den Namen, den Titel der Vorlesung und unseren Stempel. Wir verzeichnen jeden Besuch einer Vorlesung mit dem Zeitraum, in dem sie stattfand, beispielsweise: „Wintersemester 2019/2020“. Das Studienbuch müssen die Kinder, wenn sie nächstes Mal wiederkommen, mitbringen. Spätestens ab der Anmeldung laufen die Kinder dann alleine, denn später in der Uni sind Mama oder Papa eben auch nicht mehr dabei. Deshalb hängen bei uns auch Schilder mit den Worten „Elternfreie Zone“. Wir möchten, dass die Vorlesungen wirklich Universitäts-Charakter haben.

Als Anreiz, öfter an der Kinder-Uni teilzunehmen, verleihen wir nach fünf Vorlesungen den Bachelor-Titel – bei uns der „Bachelor of arts and science“. Die nächste Stufe sind dann 8 Vorlesungen, das ist der Master. Und wenn man noch länger dabei ist, das heißt an 12 Vorlesungen teilgenommen hat, bekommt man seine Doktorwürde, mit dem typisch amerikanischen Doktorhut. Da sind die Kinder dann schon stolz drauf. Sie müssen dann auch schon über mehrere Jahre dabei gewesen sein. Denn es gibt bei uns im Jahr ja jeweils nur zwei Vorlesungen, eine vormittags, eine nachmittags und dazwischen gehen wir in die Mensa.

Haben die Kinder Angst, auf sich allein gestellt zu sein?

Diese Erfahrung haben wir eigentlich nicht gemacht. Viele von ihnen sind sogar stolz, mal ganz ohne Mama und Papa unterwegs zu sein. Andere kommen mit einem Freund oder einer Freundin, dann ist es nochmal leichter. Wir haben außerdem Ehrenamtliche, die durch ihre T-Shirts erkennbar sind und die sich um die Kinder kümmern. Wir nehmen sie unter unsere Fittiche, weisen ihnen die Plätze zu, zeigen ihnen die Garderobe und sobald sie mal sitzen, ist eigentlich alles gut.

Wie nahe kommt das Projekt wirklich an den Uni-Alltag ran?

Natürlich wissen die Dozenten auch, dass sie 8- bis 12-Jährige vor sich sitzen haben. Aber wir versuchen schon, eine alltägliche Uni-Situation zu simulieren. Dabei ist auch dieses „freie Zuhören“ ganz wichtig. Die Schüler kommen hier her, weil sie sich für ein Thema interessieren und etwas Neues lernen wollen – vielleicht auch einfach erfahren wollen, wie es an der Uni so ist. Sie werden hier nicht so stark angeleitet wie in der Schule, können selbst entscheiden, ob sie sich etwas notieren oder nicht.

Wir haben uns damals gefragt: Wie kann man das Interesse der Kinder wecken ohne Druck auszuüben? Das ist uns ganz wichtig – dass es hier nicht darum geht, Leistungen zu erbringen. Die Kinder sollen Spaß haben, sollen Themen entdecken, die über das hinausgehen, was sie sonst in der Schule hören. Manchmal werden wir von Eltern gefragt: „Wann ist dann die Prüfung?“. Es gibt bei uns hier aber keine Prüfung. Warum? Weil es uns nicht wichtig ist, am Ende der Veranstaltung eine Note auszustellen. Das, was für uns zählt, ist, dass das Kind Lust auf die Themen bekommt, die ihm angeboten werden. Dass es zuhause vielleicht nochmal nachliest und erzählt, was es gelernt hat.

Wie geht’s jetzt weiter, wo Kronach Hochschulstandort wird?

Wir freuen uns natürlich, dass es hier auch bald eine Hochschule geben wird und möchten diese dann auch sehr gerne mit einbinden. Besonders erfreulich wäre eine Zusammenarbeit, die auch vorsieht, einen richtigen Hörsaal für die Kinder-Uni nutzen zu können. Das gäbe dem Ganzen nochmal eine ganz andere Atmosphäre. Wir stoßen bei den Räumlichkeiten leider an unsere Grenzen. Mehr als 125 Kinder können nicht an einer Vorlesung teilnehmen. Und letztes Mal hatten wir sogar noch weitere 20 auf der Warteliste.

Wer mehr über die Kinder-Uni erfahren will, kann sich auf dieser Seite umsehen: https://www.kronachcreativ.de/kinder-uni-kronach-2/

Und für alle, die wissen wollen, was man in Oberfranken noch erleben kann:

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Posted by Ann-Kathrin Fischer in Ann-Kathrin Fischer, Kindheit, Pädagogische Projekte für Kinder/Jugendliche
Vom Kindergarten bis zur Bundesliga

Vom Kindergarten bis zur Bundesliga

„Brose Bamberg“ setzt sich für den Nachwuchs ein – und das schon ab dem Kindergarten.  „KiGa Baskets“ nennen sich die jüngsten Sportler im Förderprogramm des Basketballvereins mit einem Alter von vier bis sechs Jahren. Um sie spielerisch an den Sport heranzuführen, besuchen qualifizierte Übungsleiter wöchentlich verschiedene Einrichtungen in Bamberg und der Region. Das Ziel ist, den Spaß an der Bewegung und die Begeisterung für Basketball zu wecken.

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„Brose Bamberg“ setzt sich für den Nachwuchs ein – und das schon ab dem Kindergarten.  „KiGa Baskets“ nennen sich die jüngsten Sportler im Förderprogramm des Basketballvereins mit einem Alter von vier bis sechs Jahren. Um sie spielerisch an den Sport heranzuführen, besuchen qualifizierte Übungsleiter wöchentlich verschiedene Einrichtungen in Bamberg und der Region. Das Ziel ist, den Spaß an der Bewegung und die Begeisterung für Basketball zu wecken.

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