„Brose Bamberg“ setzt sich für den Nachwuchs ein – und das schon ab dem Kindergarten. „KiGa Baskets“ nennen sich die jüngsten Sportler im Förderprogramm des Basketballvereins mit einem Alter von vier bis sechs Jahren. Um sie spielerisch an den Sport heranzuführen, besuchen qualifizierte Übungsleiter wöchentlich verschiedene Einrichtungen in Bamberg und der Region. Das Ziel ist, den Spaß an der Bewegung und die Begeisterung für Basketball zu wecken.
„Brose Bamberg“ setzt sich für den Nachwuchs ein – und das schon ab dem Kindergarten. „KiGa Baskets“ nennen sich die jüngsten Sportler im Förderprogramm des Basketballvereins mit einem Alter von vier bis sechs Jahren. Um sie spielerisch an den Sport heranzuführen, besuchen qualifizierte Übungsleiter wöchentlich verschiedene Einrichtungen in Bamberg und der Region. Das Ziel ist, den Spaß an der Bewegung und die Begeisterung für Basketball zu wecken.
Am 7. Januar 2020 öffnete der bilinguale Kindergarten „ASCOLINO“ in Coburg seine Pforten. Die Idee dazu stand bei der überregional bekannten Sprachenschule ASCO schon lange im Raum. Multilinguale Kommunikationsfähigkeit sowie interkulturelle Kompetenzen gelten heute als Schlüsselqualifikationen und Mehrsprachigkeit fast als ein „Muss“ für jeden EU-Bürger. Forschungen haben ergeben, dass (Fremd-) Sprachenlernen meist dann am erfolgreichsten ist, wenn möglichst früh damit begonnen wird – das heißt am besten noch vor dem Englisch-Unterricht in der Grundschule.
Dass Kinder bilingual erzogen werden, ist keine Seltenheit: Nach Angabe der Deutschen Gesellschaft für Sprachwissenschaft wächst heute mehr als die Hälfte aller Menschen mit mehr als einer Sprache auf. Insgesamt gibt es etwa 6000 – 7000 Sprachen und beinahe 200 in der UN vertretene Staaten. Wenn man diese Zahlen in Beziehung setzt, wird klar, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass ein Kind ein Leben lang mit nur einer einzigen Sprache konfrontiert wird. Umso besser, wenn es gut vorbereitet ist.1 4
Das sprachliche Lernvermögen
Viele Wissenschaftler haben sich mit der Frage beschäftigt, warum Kinder, die früh mit einer Fremdsprache in Berührung kommen, diese mit größerer Wahrscheinlichkeit zur Vervollkommnung bringen. Nach Angaben von W. Klein vom Max-Planck-Institut für Psycholinguistik in Nijmegen (Niederlande) wächst das Kommunikations- und Satzkonstruktionsvermögen mit dem Erlernen einer neuen Sprache bei jungen wie bei älteren Menschen. Die Fähigkeit, Lautfolgen zu kopieren, nimmt jedoch mit der Zeit ab. Bei Kindern könnte die Motivation indessen höher sein, eine Sprache perfekt zu beherrschen, denn sie müssen sich erst noch eine soziale Identität in einer Gemeinschaft aufbauen. Diese höhere Motivation führt demnach zu besseren Resultaten.12
One person, one language
Es lohnt sich, eine Fremdsprache früh zu erlernen, betont auch Sabine Groh, Leiterin des ASCOLINO-Kindergartens: „Wenn ein Kind von Anfang an eine Sprache als Muttersprache lernt, und diese sich gefestigt hat, dann gibt es für andere Sprachen überhaupt kein Problem mehr“. Entscheidend sei dabei, dass das Erlernen der Fremdsprache kontinuierlich von Muttersprachlern begleitet wird.
„Wir haben bei uns im Kindergarten einen Native Speaker, das heißt jemanden, der sich dann wirklich nur in der Fremdsprache, bei uns Englisch, mit den Kindern unterhält“, erklärt sie. Diese Maßnahme folge dem „One person, one language“ – Prinzip, das 1902 von dem französischen Linguisten Maurice Grammot entwickelt wurde, um „Sprachverwirrung“ vorzubeugen. Es fällt den Kindern so leichter, verschiedene Sprachen und Kulturen auseinander zu halten.3
Muttersprachler im Team zu haben sei auch dahingehend von Vorteil, dass sie sich authentisch verständigen und die Klangfarbe der Sprache unmittelbar an die Kinder weitergeben können, erklärt Groh weiter. Konventioneller Englisch-Unterricht, der nur sporadisch oder durch längere Perioden des Nicht-Lernens unterbrochen werde, könne bei Kindern nicht die gleichen Erfolge erzielen – „Es ist einfach etwas ganz anderes, wenn die Kinder die Sprache immer wieder im Alltag anwenden“, hält sie fest.
Barrieren abbauen
Das muss nicht immer von Beginn an perfekt klappen. Auch Sprachbarrieren abzubauen, ist ein Ziel der Erzieher. „Irgendwie kann man sich immer verständigen“, behauptet Groh, „man muss es nur versuchen. Und je öfter man es versucht, desto eher ist man am Ende in der Lage, sich zu verständigen“. Später können Sprachen viele Türen öffnen – zu höheren Bildungseinrichtungen oder internationalen Unternehmen, aber auch zu fremden Kulturen und neuen Bekanntschaften.
Dass viele Eltern diese Ansicht teilen, zeigt die große Nachfrage nach ASCOLINO – Kindergartenplätzen. Die aktuell angebotenen 25 Regelplätze für Kinder im Alter von 2,5 bis 6 Jahren sind bereits vergeben, aber die Zahl der Interessenten reißt nicht ab. „Wir haben tatsächlich auch schon viele Anfragen von Familien aus dem Ausland bekommen, die nach Coburg ziehen werden“, erklärt Sabine Groh. Grundsätzlich stehe ASCOLINO jedem Kind offen, fährt sie fort, ungeachtet dessen, ob es selbst einen bilingualen Hintergrund aufweist oder auf Wunsch der Eltern dabei ist.
Mittelfristig sollen mindestens 50 Plätze angeboten werden – mit der langfristigen Option einer Erweiterung um eine Krippengruppe. Da ein Ausbau bestehender Räumlichkeiten nicht möglich war, musste der Kindergarten vorerst auf eine Containerlösung in der Alexandrinenstraße ausweichen. Auch hier sei langfristig geplant, einen festen Standort zu finden, erklärt Groh. Voraussetzung für alle Maßnahmen ist allerdings eine Entfristung der zugewiesenen Betreuungsplätze durch die Stadt Coburg.
(1) Vgl. Prof. Dr. Klein, W. (Max-Planck-Institut für Psycholinguistik): „Mechanismen des Erst- und Zweitspracherwerbs“, in: Sprache · Stimme · Gehör, 2007; 31, p. 138 – 143.
(2) Vgl. hierzu auch: Bialystok, Ellen: „Bilingualism: The good, the bad, and the indifferent*“, in: Bilingualism: Language and Cognition, 12 (1), 2009, p. 3–11.
(3) Vgl. Barron-Hauwaert, Suzanne: The One-Parent-One-Language Approach. Multilingual Matters, Clevedon 2004, p. 1ff.
(4) Vgl. Deutsche Gesellschaft für Sprachwissenschaft: „Mehrsprachigkeit. Können Kinder nur eine Sprache gleichzeitig lernen?“, URL: https://dgfs.de/de/thema/bilingualer-erwerb.html [letzter Aufruf: 22.03.2020].
Florian Essel, Erzieher und Wildnispädagoge, hat vor gut dreieinhalb Jahren in Bamberg „Wilde Wurzeln Wildnispädagogik“ gegründet. Sein Ziel ist es, junge Menschen für die Natur zu begeistern. Mittlerweile arbeiten er und sein Team eng mit Schulen der Region zusammen. Neben Ferienbetreuung, Tages- und Geburtstagsaktionen, Zeltlagern und Einzelprojekten bieten sie auch regelmäßigen Gruppenunterricht an – wobei „Unterricht“ hier nicht mit „Schulbank drücken“ gleichgesetzt wird.
Herr Essel, wie arbeiten Sie mit den Schulen der Region zusammen?
Das ist sehr unterschiedlich. Wir haben kurzzeitige Projekte, bei denen wir nur einen Tag oder eine Woche mit den Schülern in den Wald gehen. Wir haben aber auch Projekte, die das ganze Jahr über laufen. Zum Beispiel betreuen wir eine Schul-AG, die sich mit dem Thema „Naturhandwerk“ auseinandersetzt.
Bei Schulprojekten sprechen wir uns allgemein immer eng mit den Lehrkräften ab und gehen dann thematisch auf den Lehrplan ein. Wenn zum Beispiel das Thema „Wald“ im Unterricht behandelt wurde, die Kinder also schon etwas über Baumarten oder die Tiere des Waldes wissen, dann „holen“ wir sie auf ihrem jeweiligen Kenntnisstand „ab“, indem wir mit ihnen raus in die Natur gehen, wo sie ihr Wissen dann anwenden.
Bei jüngeren Kindern verleihen wir dem Ganzen gerne eine Art „Abenteuercharakter“, in dem wir uns zuvor durch Geschichten in verschiedene Situationen versetzen. Bei den Älteren wird wiederum Survivaltraining sehr gut angenommen.
An welchen Projekten arbeiten Sie gerade?
Zum Beispiel am Projekt „Wildfang“, das 2018 in Zusammenarbeit mit der Caritas entstanden ist. Es handelt sich um ein Angebot für Kinder aus suchtbelasteten Familien, das Resilienz und Selbstschutz fördert, sie aber auf der anderen Seite auch über das Tabuthema „Sucht“ informieren soll.
Es ist in verschiedene Module aufgebaut, die mal drinnen, mal draußen stattfinden, und handwerkliche, aber auch intellektuelle Fähigkeiten vermitteln. Letztendlich geht es uns darum, das Gemeinschaftsgefühl zu stärken. Und auch um die Möglichkeit, mal schwierige Themen anzusprechen.
Im Moment befinden wir uns allerdings noch in der Bewerbungsphase, das heißt, wir müssen noch abwarten, ob auch wirklich genug Teilnehmer zusammenkommen.
Und dann haben wir noch ein anderes Projekt in den Startlöchern, bei dem es um die Auswirkungen des Klimawandels hier vor Ort geht. Es würde in Zusammenarbeit mit dem Bund Naturschutz und dem Bayerischen Staatsforsten umgesetzt werden.
Wir würden dabei gerne mit den Kindern an Maßnahmen teilnehmen, die im Wald durchgeführt werden, um gegen die Folgen des Klimawandels vorzugehen. Gleichzeitig sollen die Kinder dann auch nach Möglichkeit eine Einführung in die Arbeit eines Forstwirts erhalten.
Aber auch hier sind wir erst noch in der Planungs- bzw. Pilotphase.
Sie bieten Kindern im Alter von 6 – 12 Jahren auch die Möglichkeit, „Waldkidsgruppen“ beizutreten. Wie laufen hier die Treffen ab?
Es gibt jeweils einen Frühling-Sommer-Block mit vier Treffen und einen Herbst-Winter-Block mit vier Treffen, die jeweils 5 Stunden in Anspruch nehmen. Es geht darum, alle Jahreszeiten gemeinsam draußen zu erleben und den Kindern früh die Zusammenhänge in der Natur beziehungsweise ein Verständnis für ökologische Kreisläufe mitzugeben.
Dabei gibt es ganz unterschiedliche Schwerpunkte, wir beschäftigen uns zum Beispiel mit Wildkräutern, dem Lesen von Tierspuren, der Vogelsprache, dem Bauen eines Unterschlupfes…
Wir weichen aber auch mal von diesen Themen ab, wenn es etwas gibt, was die Kinder plötzlich brennend interessiert. Einmal wollten wir uns zum Beispiel mit dem Korbflechten auseinandersetzen. Ich habe Körbe mitgebracht und wir sind gemeinsam zu einer Weide gelaufen, die wir schneiden wollten. Dann haben wir auf dem Weg dahin aber einen Schädel von einem Tier gefunden und natürlich war das plötzlich viel spannender als das Korbflechten. Es wurden die wildesten Theorien gesponnen, um was für ein Tier es sich denn handeln könnte – vom Dinosaurier bis zum Wildschwein – und dann haben wir uns eben tatsächlich der Frage angenommen, was das für ein Tier gewesen sein und was passiert sein könnte. Letztendlich hat ein Kind dann sogar zuhause noch nachgeforscht und zum nächsten Treffen die Lösung präsentiert.
Solche Erlebnisse zu fördern ist eigentlich unser Ziel. Wir unterstützen diese Art „Eigendynamik“, die sich aus einem Fund entwickeln kann, und freuen uns, wenn die Kinder gewillt sind, sich tiefer mit einem Thema zu beschäftigen.
Haben Sie auch Kinder dabei, die bisher wenig Kontakt mit der Natur hatten?
Ganz unterschiedlich. Wir haben manchmal Kinder dabei, die beispielsweise Angst vor Zecken haben und sich nicht auf den Boden setzen wollen. Auf der anderen Seite haben wir aber auch Kinder, die oft mit den Eltern rausgehen oder die schon den Waldkindergarten besucht haben. Sie sind es gewohnt, durch Wälder zu streifen.
Also das ist tatsächlich bunt gemischt und ergänzt sich sehr gut. Oft ist es so, dass die Kinder, die sich anfangs ein bisschen schwertun, spätestens beim Spielen im Wald ihre Sorgen vergessen und freudestrahlend mit den anderen Kindern Lager bauen. Dann sind sie auch in der Lage, ganz neue Dinge zu entdecken – wenn sie nicht die ganze Zeit in ihren Ängsten gefangen sind.
Warum ist es so wichtig, als Kind viel draußen unterwegs zu sein?
Ich sehe positive Erfahrungen mit der Natur als Grundstein für ein natur- und umweltbewusstes Leben. Letztendlich ist vielen Menschen nicht mehr bewusst, dass wir ein Teil dieser ganzen Natur um uns herum sind und nicht nur ihr Behüter, Beschützer oder Besucher. Wir wollen bei uns schon früh eine positive Verbindung zur Umwelt aufbauen, indem wir mit den Kindern draußen Abenteuer erleben, ihnen schöne Erlebnisse mit auf den Weg geben.
Die Interaktion mit den anderen Kindern bietet den Teilnehmern auch die Möglichkeit, eigene Fähigkeiten und Kompetenzen auszubilden – wie zum Beispiel Selbstbewusstsein, Eigen- und Fremdwahrnehmung, Einfühlungsvermögen.
Warum sind Sie Wildnispädagoge geworden?
Ich habe in der Wildnispädagogik viel gefunden, was ich selbst in jungen Jahren erlebt habe, aber heute bei Kindern nicht mehr häufig antreffe.
Bei mir war es so, dass ich die Hausaufgaben gemacht habe und dann einfach nur noch draußen war. Mittlerweile hat sich da viel geändert.
Viele Kinder werden in Ganztagsschulen betreut, verbringen Nachmittage damit, den Schulstoff nachzubereiten oder haben andere Termine wahrzunehmen. Das ist an sich nichts Schlechtes. Es ist eigentlich generell zu befürworten, wenn sich Kinder für etwas engagieren, sei es für die Schule oder das Hobby.
Ich bemerke trotzdem, dass die Zeit, in der man einfach nur die Seele baumeln lassen kann, heute sehr knapp bemessen ist. Es ist aber wichtig, auch mal ungeplante Zeit zu haben. Ohne Druck und ohne Vorgaben mal irgendwo zu sein, die Augen aufzumachen und zu schauen, was man entdecken kann. Denn es gibt sehr viel zu entdecken auf dieser Welt.
Wer mehr über die Welt von „Wilde Wurzeln Wildnispädagogik“ erfahren möchte, kann das hier tun: https://www.wildewurzeln.de/
Wer sich für „Erfahrungen mit der Natur im Kindesalter“ interessiert, kann sich hier weiter umsehen:
Welche Stellung hat der Religionsunterricht in Bayern? Darüber habe ich mit Christina Flauder, stellvertretender Landrätin in Kulmbach und Mitglied der 12. Synode der evangelischen Kirche in Deutschland, gesprochen.
Was sie zum Thema Glaube und Religion, sowie zu alternativen Unterrichtsformen wie der Idee des Dialogunterrichtes von FDP-Landtagsabgeordneten Matthias Fischbach (https://twitter.com/fdpltby/status/1096697897838628864) sagt, hört ihr hier…
Kurzprofil
Name: Christina Flauder
Beruf: Sachbearbeiterin AOK/Stellv. Landrätin
Wohnort: Kulmbach
Wahlregion: Thurnau, Kulmbach
Art. 46 Religionsunterricht: (1) 1Der Religionsunterricht ist an den Grundschulen, Mittelschulen, Realschulen, Gymnasien, Förderschulen, Berufsschulen, Wirtschaftsschulen, Fachoberschulen, Berufsoberschulen, an sonstigen Schulen nach Maßgabe der Schulordnung, ordentliches Lehrfach (Pflichtfach). 2Er wird nach Bekenntnissen getrennt in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der betreffenden Kirche oder Religionsgemeinschaft erteilt.
Wer sich für das Thema „Religion und Glaube“ interessiert, kann sich hier weiter umschauen:
Kronach wird Hochschulstandort – und war es doch schon längst. Zumindest wenn man die Kinder-Uni mitrechnet – ein Projekt, das 2014 durch „Kronach Creativ“ ins Leben gerufen wurde, einem Verein zur Förderung des Wirtschafts- und Lebensraums Landkreis Kronach. Ein Interview mit Sabine Nuber, Leiterin des Koordinierungszentrums für bürgerschaftliches Engagement in Trägerschaft von Kronach Creativ.
Was macht die Kronacher Kinder-Uni so besonders?
Die Kronacher Kinder-Uni ist zwar angelehnt an die Kinder-Unis, die Teil des Bildungsprogrammes einer Hochschule darstellen, wir unterscheiden uns von diesen aber darin, dass wir eigenständig operieren. Wir gehören also nicht einer speziellen Hochschule an. Als wir 2014 begannen, wussten wir noch nicht, dass Kronach Hochschulstandort wird. Wir wollten aber schon damals etwas hier bewegen.
Bei Kronach Creativ gab es zu dieser Zeit das Projekt „Demografie Pilotregion Oberfranken“, bei dem wir für den Landkreis Kronach erarbeiteten, was es an Möglichkeiten oder Ansätzen gibt, um dem demografischen Wandel entgegenzuwirken. Schwerpunktmäßig haben wir uns mit der Arbeitsplatzsituation beschäftigt. Wir waren der Meinung, dass wir unseren Kindern eigentlich ganz früh schon aufzeigen sollten, welche Chancen und Möglichkeiten es hier gibt. Wir wollten nicht, dass sie mit dem Gedanken aufwachsen, sie müssten immer irgendwo hin, um gewisse Angebote wahrzunehmen. Also dachten wir uns: „Damit wir nicht zu diesen Angeboten fahren müssen, holen wir diese Angebote zu uns“.
Was ist dann genau passiert?
Wir haben uns mit der Universität Bamberg zusammengetan, die damals in Kooperation mit dem Fränkischen Tag eine Kinder-Uni ausrichtete. „Könnt ihr euch vorstellen, eine Veranstaltung bei uns in Kronach zu machen?“, haben wir gefragt. Und wir rannten eigentlich offene Türen ein. Die Uni antwortete: „Den Gedanken hatten wir auch schon“. Im November 2014 planten wir dann als Testlauf einen Studientag in Kronach und einen in Forchheim.
Das Angebot wurde überdurchschnittlich gut angenommen. Die Dozenten der Uni Bamberg sagten damals, sie wären schon zufrieden, wenn zwanzig oder fünfundzwanzig Kinder erschienen. Letztendlich waren es aber über fünfzig, die die Aula der Lucas-Cranach-Schule bevölkerten. Und nachdem das so gut gelaufen ist, meinten die Verantwortlichen der Uni Bamberg: „Eigentlich könnt ihr das alleine“. Und tatsächlich haben wir es uns nach diesem Erfolg auch zugetraut. So entstand die Kinder-Uni in Kronach, eine hochschulunabhängige Einrichtung, mit eigenem Logo, eigenem Projekt-Team. Unsere Dozenten kommen aus verschiedenen Hochschulen jeweils an zwei Terminen im Jahr zu uns.
Welche Universitäten waren bisher vertreten?
Wir sind in der glücklichen Lage, dass es viele Hochschulen gibt, die in einem Umkreis von maximal 100km von uns entfernt sind: Coburg, Bamberg, Bayreuth, Hof oder auch Ilmenau. Neben diesen Bildungseinrichtungen haben wir aber voraussichtlich auch bald eine Dozentin von der Universität des Saarlandes zu Gast. Letztendlich sind wir stolz darauf, vielen unterschiedlichen Universitäten hier in Kronach eine Plattform zu bieten.
Die Dozenten der jeweiligen Unis freuen sich meistens, ihre Vorlesungen einem größeren Kreis an Interessenten zugänglich zu machen. Auch wenn diese Interessenten noch sehr jung sind. Manchmal birgt der Austausch mit dem jungen Publikum gerade ein besonderes Potential, und zwar für beide Parteien. Die Dozenten müssen versuchen, komplexe Themen einfach zu vermitteln und die Kinder fühlen sich herausgefordert und wollen umso begieriger verstehen. Wenn die Dozenten hierher kommen, machen sie natürlich außerdem immer auch ein bisschen Werbung für ihre Universität.
Welche positiven Erfahrungen haben sie bei der Kinder-Uni in Kronach schon gesammelt?
Da gibt es viele. Wir hatten zum Beispiel mal einen jungen Mann, der auf die Frage, ob er beim nächsten Mal wieder dabei sein werde, antwortete: „Das kommt ganz auf eure Themen an. Wenn wieder ein historisches Thema drankommt, dann schon.“ Er war es dann auch, der sich nach dem Vortrag noch mit dem Dozenten unterhalten und ihn gefragt hat, was man eigentlich machen müsse, um Professor zu werden.
Ein andermal waren die Kinder so am Stoff interessiert, dass der Dozent vor lauter Fragen fast nicht dazu kam, seine Vorlesung zu halten. Da zeigt sich dann immer deutlich, dass Kinder von Natur aus neugierig und auch bereit sind, sich schwierigeren Themen zu widmen.
Die Dozenten bemühen sich in der Regel aber auch, den Unterricht möglichst anschaulich zu gestalten. In einer unserer ersten Vorlesungen ging es um römische Gladiatoren und der Dozent hatte eine Gladiatoren-Rüstung dabei, mit einem Schild und einem Helm. Im Anschluss an die Vorlesung durften die Kinder diese dann tatsächlich anprobieren. So konnten sie erleben, wie schwer die Sachen eigentlich sind.
Auch letztes Mal musste ich schmunzeln. Da war ein Dozent bei uns, der während der ganzen Stunde alle Kinder siezte. Für die Kinder ist das natürlich ein erhebendes Gefühl, wenn sie plötzlich mit „Sie“ angesprochen werden.
Wie funktioniert die Kinder-Uni?
Der Vorlesungstag wird vorher im Internet ausgeschrieben und über Flyer an Schulkinder der Jahrgangsstufen 2 – 6 bekanntgegeben. Die Anmeldungen gehen dann online hier bei uns im Büro ein. In der Regel findet die Kinder-Uni in der Aula der Lucas-Cranach-Schule statt, weil wir dort die Möglichkeit der Mensa-Nutzung haben. Die Kinder werden am Vormittag von den Eltern gebracht und von uns in Empfang genommen.
Bei der Anmeldung stehen zwei Tische: Einer für die Kinder, die noch nie und einer für die Kinder, die schon mal da waren. Für alle Neulinge gibt es einen Studentenausweis, in dem der Name eingetragen wird. Und sie kriegen ein Schlüsselband, wo sie diesen Ausweis reinstecken, damit wir die Kinder auch mit Namen ansprechen können. Dann bekommen sie noch ein Studienbuch. Dieses Studienbuch beinhaltet den Namen, den Titel der Vorlesung und unseren Stempel. Wir verzeichnen jeden Besuch einer Vorlesung mit dem Zeitraum, in dem sie stattfand, beispielsweise: „Wintersemester 2019/2020“. Das Studienbuch müssen die Kinder, wenn sie nächstes Mal wiederkommen, mitbringen. Spätestens ab der Anmeldung laufen die Kinder dann alleine, denn später in der Uni sind Mama oder Papa eben auch nicht mehr dabei. Deshalb hängen bei uns auch Schilder mit den Worten „Elternfreie Zone“. Wir möchten, dass die Vorlesungen wirklich Universitäts-Charakter haben.
Als Anreiz, öfter an der Kinder-Uni teilzunehmen, verleihen wir nach fünf Vorlesungen den Bachelor-Titel – bei uns der „Bachelor of arts and science“. Die nächste Stufe sind dann 8 Vorlesungen, das ist der Master. Und wenn man noch länger dabei ist, das heißt an 12 Vorlesungen teilgenommen hat, bekommt man seine Doktorwürde, mit dem typisch amerikanischen Doktorhut. Da sind die Kinder dann schon stolz drauf. Sie müssen dann auch schon über mehrere Jahre dabei gewesen sein. Denn es gibt bei uns im Jahr ja jeweils nur zwei Vorlesungen, eine vormittags, eine nachmittags und dazwischen gehen wir in die Mensa.
Haben die Kinder Angst, auf sich allein gestellt zu sein?
Diese Erfahrung haben wir eigentlich nicht gemacht. Viele von ihnen sind sogar stolz, mal ganz ohne Mama und Papa unterwegs zu sein. Andere kommen mit einem Freund oder einer Freundin, dann ist es nochmal leichter. Wir haben außerdem Ehrenamtliche, die durch ihre T-Shirts erkennbar sind und die sich um die Kinder kümmern. Wir nehmen sie unter unsere Fittiche, weisen ihnen die Plätze zu, zeigen ihnen die Garderobe und sobald sie mal sitzen, ist eigentlich alles gut.
Wie nahe kommt das Projekt wirklich an den Uni-Alltag ran?
Natürlich wissen die Dozenten auch, dass sie 8- bis 12-Jährige vor sich sitzen haben. Aber wir versuchen schon, eine alltägliche Uni-Situation zu simulieren. Dabei ist auch dieses „freie Zuhören“ ganz wichtig. Die Schüler kommen hier her, weil sie sich für ein Thema interessieren und etwas Neues lernen wollen – vielleicht auch einfach erfahren wollen, wie es an der Uni so ist. Sie werden hier nicht so stark angeleitet wie in der Schule, können selbst entscheiden, ob sie sich etwas notieren oder nicht.
Wir haben uns damals gefragt: Wie kann man das Interesse der Kinder wecken ohne Druck auszuüben? Das ist uns ganz wichtig – dass es hier nicht darum geht, Leistungen zu erbringen. Die Kinder sollen Spaß haben, sollen Themen entdecken, die über das hinausgehen, was sie sonst in der Schule hören. Manchmal werden wir von Eltern gefragt: „Wann ist dann die Prüfung?“. Es gibt bei uns hier aber keine Prüfung. Warum? Weil es uns nicht wichtig ist, am Ende der Veranstaltung eine Note auszustellen. Das, was für uns zählt, ist, dass das Kind Lust auf die Themen bekommt, die ihm angeboten werden. Dass es zuhause vielleicht nochmal nachliest und erzählt, was es gelernt hat.
Wie geht’s jetzt weiter, wo Kronach Hochschulstandort wird?
Wir freuen uns natürlich, dass es hier auch bald eine Hochschule geben wird und möchten diese dann auch sehr gerne mit einbinden. Besonders erfreulich wäre eine Zusammenarbeit, die auch vorsieht, einen richtigen Hörsaal für die Kinder-Uni nutzen zu können. Das gäbe dem Ganzen nochmal eine ganz andere Atmosphäre. Wir stoßen bei den Räumlichkeiten leider an unsere Grenzen. Mehr als 125 Kinder können nicht an einer Vorlesung teilnehmen. Und letztes Mal hatten wir sogar noch weitere 20 auf der Warteliste.
Eine Studie des Robert-Koch-Instituts von 2018 zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland hat ergeben, dass ca. 15% der 3- bis 17-Jährigen übergewichtig sind. Diese alarmierende Zahl stagniert auf hohem Niveau.1 Schuld ist nach Aussage der Forscher vor allem ein dauerhaftes Ungleichgewicht zwischen Energieaufnahme und Energieverbrauch. Und auch eine Warnung sprechen sie aus: Wer als Kind an starkem Übergewicht leidet, wird mit großer Wahrscheinlichkeit auch später noch damit zu kämpfen haben.12
Es lohnt sich demnach, früh gegenzusteuern – beispielsweise durch Sport. Die WHO hat 2010 Mindestempfehlungen für körperlich-sportliche Aktivität im Kindes- und Jugendalter veröffentlicht: Täglich mindestens 60 Minuten stehen auf dem Plan. Erreicht wird dieses Ziel gerade einmal von einem Viertel der Kinder und Jugendlichen weltweit.2
Eine Studie des Robert-Koch-Instituts von 2018 zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland hat ergeben, dass ca. 15% der 3- bis 17-Jährigen übergewichtig sind. Diese alarmierende Zahl stagniert auf hohem Niveau.1 Schuld ist nach Aussage der Forscher vor allem ein dauerhaftes Ungleichgewicht zwischen Energieaufnahme und Energieverbrauch. Und auch eine Warnung sprechen sie aus: Wer als Kind an starkem Übergewicht leidet, wird mit großer Wahrscheinlichkeit auch später noch damit zu kämpfen haben.12
Es lohnt sich demnach, früh gegenzusteuern – beispielsweise durch Sport. Die WHO hat 2010 Mindestempfehlungen für körperlich-sportliche Aktivität im Kindes- und Jugendalter veröffentlicht: Täglich mindestens 60 Minuten stehen auf dem Plan. Erreicht wird dieses Ziel gerade einmal von einem Viertel der Kinder und Jugendlichen weltweit.2
Unter dem obigen Titel lancierte das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ein Pflanzprojekt an Grundschulen. Es soll Kindern mehr Verständnis und Wertschätzung für Lebensmittel vermitteln.
Wie dieses Projekt genau ablief, erklärt Birgit Distler vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Kulmbach:
Was ist das „Septembertestament“? War Luther der Erste, der die Bibel übersetzte? Warum teilt man sie eigentlich in „Verse“ ein? Und was hat es mit dem „geheimen Judas-Evangelium“ auf sich? Diese und viele weitere Fragen beantwortet die theologische Fachschule in Brake in ihrer Wanderausstellung „Abgestaubt“. Ziel ist es, bei Kindern und Jugendlichen das Interesse für das Buch der Bücher zu wecken. Vom 2. – 8. März 2020 waren die Bibelschüler am Markgraf-Friedrich-Gymnasium in Kulmbach zu Gast.
Alte Werte
„Fast jeder Haushalt hat ja eigentlich eine Bibel zuhause, meistens unter einer dicken Staubschicht versteckt. Wir möchten mit der Ausstellung Mut machen, dieses Buch als aktuelles Buch zu entdecken, das tatsächlich noch in unser Leben hineinspricht“, erklärt Volker Schnüll, Lehrer an der theologischen Fachschule in Brake. Doch wie kann es das, mit einem Alter von über eintausendfünfhundert Jahren? Die Bibel ist das meist gedruckte, am häufigsten übersetzte und am weitesten verbreitete Buch der Welt. Sie wird auch heute noch in der Weltliteratur, in Spielfilmen und in der Kunst zum Thema gemacht. Die Bibelausstellung, die sich in sechs zusammenhängende Module gliedert, befasst sich unter anderem auch mit den aktuellen Medien.
„Die Bibel bleibt in gewisser Weise immer up-to-date“, erklärt Schnüll, „weil sie zeitlose Themen anspricht, zum Beispiel das soziale Miteinander“. Seit Jahrhunderten richten Menschen ihr Leben nach der Bibel aus. Dass ihr Einfluss heute noch nachwirkt, merkt man zum Beispiel an der Präambel des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland. Diese hat einen Gottesbezug: “Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen […] hat sich das Deutsche Volk […] dieses Grundgesetz gegeben”1. Wenn man noch weiter gehen möchte, bemerkt man auch, dass es Parallelen zwischen den Zehn Geboten und dem Grundgesetz gibt. Zum Beispiel ähneln sich Art. 2(2): „Jeder hat ein Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit“ 2 und das fünfte Gebot, „Du sollst nicht töten“. Daraus folgt, dass die Werte, die die Bibel vermittelt, keineswegs veraltet sind. „Und darum geht es“, erklärt Angelika Sachs, Sozialpädagogin des Markgraf-Friedrich-Gymnasiums. „Wenn man den Schülern die Bibel nahe bringt, bringt man ihnen Werte nahe“.
Neu vermittelt
Die Schüler des Gymnasiums werden im Unterricht dazu angehalten, Bibelstellen selbst zu interpretieren, zu visualisieren und sich darüber auszutauschen. Gleichsam interaktiv werden die Besucher der „ABGESTAUBT.“ – Wanderausstellung dazu eingeladen, sich an einer Gutenberg-Presse zu versuchen oder Papyrus und Pergament zu betasten.
Die Ausstellung bildet jedoch nur einen Teil der Projektarbeit der Bibelstudenten: Um die junge Bevölkerung spielerisch für den Glauben zu begeistern, ist im Kaufhaus „Fritz“ in Kulmbach in Kooperation mit der freien Christengemeinde Stadtsteinach ein „Escape Room“ für Jung und Alt entstanden. Die Regeln waren einfach: 30 Minuten hatte jeder Spieler Zeit, um anhand einer Vielzahl von Hinweisen den Weg durch die Bibel und aus dem dort aufgebauten, provisorischen Verlies zu finden. Der Gedanke dahinter: „Gott befreit“.
Mit Bezug zum „Hier und Jetzt“
Ähnlich titelt der Jugendgottesdienst in der Spitalkirche am Freitag, 6. März 2020. „Freedom for future“, steht in großen roten Buchstaben auf dem Banner über dem Altar, angelehnt an den Namen der jungen Aktivistengruppe „Fridays for future“. Freiheit zu erlangen ist einfach, vermitteln die Bibelschüler, man müsse nur glauben. „Oft werden wir von Sorgen und Schuld bedrückt. Hier kommt Gott ins Spiel. Er ist Mensch geworden und hat diese Schuldfrage gelöst“, erklärt Volker Schnüll.
Was das für den Einzelnen bedeutet, erklären die Studenten der Bibelschule in Erfahrungsberichten. Rosa*, 23 Jahre, litt von klein auf unter ihrer Neigung zum Perfektionismus: „Wenn etwas schief ging, habe ich mich fertig gemacht“. Sasha*, 24 Jahre, geriet früh auf die schiefe Bahn: „Ich habe 18 Jahre lang ohne Gott gelebt“. Auch Jonas*, 29 Jahre, hat sehr lange von einem Tag zum nächsten gelebt, ohne sich „die großen Fragen“ zu stellen. „Doch irgendwann ist es soweit, irgendwann sind diese Fragen da. Dann steht man da oben“, sagt Sasha am Rednerpult und blickt gen Decke, „und dann ist es gut, Jesus als Anwalt zu haben.“ Jesus Christus, der einen liebe, so wie man sei, und nicht liebe für das, was man geleistet habe, fügt er hinzu. Jesus Christus, der dem Leben einen Sinn gebe, den man vielleicht selbst noch nicht sehe. Jesus Christus, der auch da sei, wenn alle anderen gegangen sind.
Einige Gesichter im Saal zeigen sich einsichtig, nicken, lächeln. Andere scheinen weniger überzeugt von seinen Worten, rümpfen die Nase, runzeln die Augenbrauen. Aber die Bibelschüler sind dennoch zufrieden mit ihrer Leistung: „Wir sind nicht hier, um Menschen zu bekehren – was wir tun möchten, ist: Den Menschen die Bibel näherbringen“.
(1) Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit: Verfassung des Freistaates Bayern. Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland. Überblick Europäische Union. Der Bayerische Landtag. Funktionen und Aufgaben, München 2007, S. 109.
(2) Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit: Verfassung des Freistaates Bayern. Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland. Überblick Europäische Union. Der Bayerische Landtag. Funktionen und Aufgaben, München 2007, S. 111.
Noch herrscht Ruhe vor dem Sturm. Die Kantine der Realschule in Kulmbach ist ab 11:30 Uhr geöffnet. Zwei Serviceangestellte richten das Salatbuffet an, der Koch ist in der Küche zugange. Dann stürmt plötzlich eine zwanzigköpfige Horde an Heranwachsenden die Kantine, drängelt sich vor die Theke, besetzt Tische. Der Grund für das Gerangel: Heute ist „Kindertag“ an der Realschule Kulmbach. An diesem Tag geht die Küche auf die Wünsche der Schüler ein. In diesem Fall bedeutet das: Kaiserschmarrn.
Noch herrscht Ruhe vor dem Sturm. Die Kantine der Realschule in Kulmbach ist ab 11:30 Uhr geöffnet. Zwei Serviceangestellte richten das Salatbuffet an, der Koch ist in der Küche zugange. Dann stürmt plötzlich eine zwanzigköpfige Horde an Heranwachsenden die Kantine, drängelt sich vor die Theke, besetzt Tische. Der Grund für das Gerangel: Heute ist „Kindertag“ an der Realschule Kulmbach. An diesem Tag geht die Küche auf die Wünsche der Schüler ein. In diesem Fall bedeutet das: Kaiserschmarrn.
Der Kursplan der oberfränkischen Kampfkunstschule unter Leitung des Orthopäden und Sportmediziners Dr. Ralph-Jörg Aman wird seit 2018 durch ein besonderes Angebot bereichert: Das „Quantensprung“- Familienkonzept. Dieses bietet Interessenten aus Kulmbach und der Region die Möglichkeit, Teakwon Do im Kreis der engsten Vertrauten zu erlernen. In ein und derselben Stunde trainieren hier Kinder, Eltern und Großeltern zusammen.
Trägt das Erlernen einer Kampfkunst wirklich zum harmonischen Miteinander mit den Vertrauten bei, wird sich vielleicht mancher fragen. Dem sei aber durchaus so, versichert der Schulleiter. Indem Familienmitglieder zusammen Teakwon Do erlernen, werde die Sportart zu einem gemeinsamen Gesprächsthema und führe zu einem regen Austausch über Fortschritte, Ziele oder Anwendungen.
„Kinder lernen am besten am Vorbild. Das heißt, Sie werden kaum ein Kind zu Sport bewegen können, wenn beide Eltern nichts tun“, erklärt Dr. Aman. Das gilt nicht nur für Kinder: Auch ältere Personen partizipieren mit größerer Wahrscheinlichkeit an Sportaktivitäten, wenn sie dabei von Familie und Freunden unterstützt werden.1 Diese Unterstützung werde besonders bei Gürtelprüfungen oder bei Turnieren spürbar, erklärt Dr. Aman, wenn sich Familienmitglieder untereinander helfen, anfeuern und Erfolge gemeinsam feiern.
Keine Zeit für Sport
Viele wissenschaftliche Artikel verweisen heute auf die Relation zwischen Familienstrukturen, Zeitmanagement und der Teilnahme an Sportaktivitäten.12 Paare, die Kinder im Schul- oder Vorschulalter betreuen, nehmen demnach weniger oft an Sportaktivitäten teil. Auch die Zeit, die für die Betreuung von anderen Verwandten aufgewendet wird, fehlt oft für die Teilnahme an Sportprogrammen.1 Das Konzept des „Teakwon Do Kulmbach e.V.“ setzt an diesem Gedanken an, um Vereinssport für Familien organisatorisch zu erleichtern: Wenn alle Familienmitglieder einer Sportart nachgehen, können sie Fahrtzeiten minimieren, Zeit und Kosten sparen sowie Ressourcen schonen.
Ohne Körperkontakt
Wer Teakwon Do vor allem mit Kampfsport, Körperverletzung und Krafttraining verbindet, liegt falsch. Die traditionelle Variante, welche im Wesentlichen durch Großmeister Kwon, Jae-Hwa geprägt wird, kommt ohne Körperkontakt aus. Dies erfordere eine extreme Körperkontrolle und minimiere das Verletzungsrisiko, erklärt Dr. Aman. Für die koreanische Budosportart sind blitzschnelle Arm- und Beintechniken mit Betonung von Dreh- und Sprungkicks charakteristisch.
Das ganzheitliche Training mit dem kompletten Bewegungsausmaß sämtlicher Körperabschnitte in allen Richtungen des Raumes kann chronischen Schäden am Bewegungsapparat vorbeugen. Hierzu leistet auch Budogymnastik und Haltungsschulung ihren Beitrag. Neben der physischen Fitness fördert das traditionelle Teakwon Do durch sein moralisch-ethisches Regelwerk Gemeinschaftsgefühl, Hilfsbereitschaft, Freundlichkeit, Respekt und Bescheidenheit.
Das „Quantensprung“-Familienkonzept erhielt 2018 den Förderpreis des bayerischen Staates.
(1) Breuer, Christoph u.a. (2011): „Family structure, time constraints and sport participation“, in: European review of Aging and Physical Activity, 8, p. 57-66.
(2) Wheeler, Sharon: „The significance of family culture for sports participation“, in: International Review for the Sociology of Sport, 47(2), p. 235–252.