Problem 7: Hohes Risiko Alexandra Mergenthaler blickt in ihre leere Apotheke. Wegen ausbleibenden Gewinns schloss sie nach sechs Jahren am 30. September 2023. Inhaber tragen viele Risiken. Darum geben viele die Selbstständigkeit auf und suchen ihr Glück als Angestellte. Ein Apothekensterben droht und damit die flächendeckende Versorgung mit Medikamenten.

7 Apotheker, 7 Probleme

Steigender Fachkräftemangel. Claudia Herrmann berät eine Kundin. Die persönliche Betreuung und das freundliche Gespräch sind zwei Hauptbestandteile, die eine Apotheke ausmachen. Doch der Fachkräftemangel und die Schließung von immer mehr Standorten zwingen neue Wege auf. Eine Idee von Gesundheitsminister Karl Lauterbach: die Tele-Apotheke. PTAs sollen die Kunden beraten. Ein Apotheker überwacht nur aus der Ferne. Doch viele Experten fürchten einen Qualitätsverlust und schlechteren Service für die Kunden.
Geringe Vergütung.
Hans-Peter Hubmann ist Bundessprecher des deutschen Apothekerverbandes. In den vergangenen 20 Jahren sind die Vergütungen in Apotheken kaum erhöht worden. Den Apotheken-Mitarbeitern reicht es angesichts hoher Inflation und gestiegener Kosten. Viele geben ihre Apotheken auf. 2023 schlossen 559 Filialen. Hubmann fürchtet eine Aufgabe von 1000 Apotheken pro Jahr.
Überbordende Bürokratie. Apotheken-Inhaberin Catharina Stoll-Graml dokumentiert eine Herausgabe für die Krankenkasse. Nahezu alle Apotheken leiden unter hohen bürokratischen Hürden. Nach einer Studie des Marktforschungs- und Beratungsunternehmen Institut für Handelsforschung (IFH Köln) gaben 39 Prozent aller Inhaber an, mehr als die Hälfte ihrer Arbeitszeit mit bürokratischen Tätigkeiten beschäftigt zu sein. Bei weiteren 40 Prozent war es mehr als ein Viertel.

Einst galt Deutschland als die Apotheke der Welt. Pharma-Riesen wie Bayer und Merck sind hierzulande zu Hause. Kunden konnten sich stets über ausreichend Apotheken und eine flächendeckende Versorgung mit Medikamenten freuen. Der höchste Stand war im Jahr 2000 mit 21 592 Apotheken. Seitdem geht die Entwicklung stetig zurück. Aktuell gibt es noch 17.500 Apotheken. Eine Trendumkehr ist nicht zu sehen. Apotheker und pharmazeutisch-technische Assistenten erzählen, was ihnen das Leben schwer macht.

Viele Lieferengpässe. Apothekerin Michaela Krepinsky durchsucht den Apothekenschrank nach einem Medikament. In Deutschland sind über 104 969 verschiedene Arzneimittel zugelassen (Stand: Mai 2023). Hunderte waren in den vergangenen Jahren zumindest zeitweilig nicht erhältlich. Oft werden diese im Ausland produziert und die Margen in Deutschland sind den Herstellern zu gering.
Unbezahlte Leistungen. Heike Mösch misst den Blutdruck einer Kundin. Ein kostenloses Angebot. Doch in schlechten wirtschaftlichen Zeiten fürchten Apotheker solche Leistungen für Entgelt anbieten zu müssen. Für andere könnte bald eine höhere Gebühr anfallen. Beispiele sind Botendienste oder Rezeptur-Herstellung.  Sonst wären viele solcher Services nicht mehr kostendeckend und müssten wegfallen. Darunter leiden dann vor allem die Kunden.
Große Nachwuchssorgen. Dr. Edgar Gräf und Heike Günther: Dr. Edgar Gräf leitet die PTA-Schule in Kulmbach. Stets an seiner Seite: Sekretärin Heike Günther. Regelmäßig bilden sie rund hundert Schüler pro Jahr aus. Aber wie in fast allen Branchen sinken Bewerberzahl und Eignung der Kandidaten. 2019 waren 2.131 PTA im Praktikum in den Apotheken, 2020 waren es 2.119 und 2021 noch 2.068. Ein großes Manko in der Konkurrenz um den Nachwuchs: PTA-Schüler bekommen während der Ausbildung kein Geld. Gräf fordert darum eine Ausbildungsvergütung von der Politik.
Hohes Risiko.
Alexandra Mergenthaler blickt in ihre leere Apotheke. Wegen ausbleibenden Gewinns schloss sie nach sechs Jahren am 30. September 2023. Inhaber tragen viele Risiken. Darum geben viele die Selbstständigkeit auf und suchen ihr Glück als Angestellte. Ein Apothekensterben droht und damit die flächendeckende Versorgung mit Medikamenten.

Posted by Stefan Neidl