Der Kursplan der oberfränkischen Kampfkunstschule unter Leitung des Orthopäden und Sportmediziners Dr. Ralph-Jörg Aman wird seit 2018 durch ein besonderes Angebot bereichert: Das „Quantensprung“- Familienkonzept. Dieses bietet Interessenten aus Kulmbach und der Region die Möglichkeit, Teakwon Do im Kreis der engsten Vertrauten zu erlernen. In ein und derselben Stunde trainieren hier Kinder, Eltern und Großeltern zusammen.
Trägt das Erlernen einer Kampfkunst wirklich zum harmonischen Miteinander mit den Vertrauten bei, wird sich vielleicht mancher fragen. Dem sei aber durchaus so, versichert der Schulleiter. Indem Familienmitglieder zusammen Teakwon Do erlernen, werde die Sportart zu einem gemeinsamen Gesprächsthema und führe zu einem regen Austausch über Fortschritte, Ziele oder Anwendungen.
„Kinder lernen am besten am Vorbild. Das heißt, Sie werden kaum ein Kind zu Sport bewegen können, wenn beide Eltern nichts tun“, erklärt Dr. Aman. Das gilt nicht nur für Kinder: Auch ältere Personen partizipieren mit größerer Wahrscheinlichkeit an Sportaktivitäten, wenn sie dabei von Familie und Freunden unterstützt werden.1 Diese Unterstützung werde besonders bei Gürtelprüfungen oder bei Turnieren spürbar, erklärt Dr. Aman, wenn sich Familienmitglieder untereinander helfen, anfeuern und Erfolge gemeinsam feiern.
Keine Zeit für Sport
Viele wissenschaftliche Artikel verweisen heute auf die Relation zwischen Familienstrukturen, Zeitmanagement und der Teilnahme an Sportaktivitäten.1 2 Paare, die Kinder im Schul- oder Vorschulalter betreuen, nehmen demnach weniger oft an Sportaktivitäten teil. Auch die Zeit, die für die Betreuung von anderen Verwandten aufgewendet wird, fehlt oft für die Teilnahme an Sportprogrammen.1 Das Konzept des „Teakwon Do Kulmbach e.V.“ setzt an diesem Gedanken an, um Vereinssport für Familien organisatorisch zu erleichtern: Wenn alle Familienmitglieder einer Sportart nachgehen, können sie Fahrtzeiten minimieren, Zeit und Kosten sparen sowie Ressourcen schonen.
Ohne Körperkontakt
Wer Teakwon Do vor allem mit Kampfsport, Körperverletzung und Krafttraining verbindet, liegt falsch. Die traditionelle Variante, welche im Wesentlichen durch Großmeister Kwon, Jae-Hwa geprägt wird, kommt ohne Körperkontakt aus. Dies erfordere eine extreme Körperkontrolle und minimiere das Verletzungsrisiko, erklärt Dr. Aman. Für die koreanische Budosportart sind blitzschnelle Arm- und Beintechniken mit Betonung von Dreh- und Sprungkicks charakteristisch.
Das ganzheitliche Training mit dem kompletten Bewegungsausmaß sämtlicher Körperabschnitte in allen Richtungen des Raumes kann chronischen Schäden am Bewegungsapparat vorbeugen. Hierzu leistet auch Budogymnastik und Haltungsschulung ihren Beitrag. Neben der physischen Fitness fördert das traditionelle Teakwon Do durch sein moralisch-ethisches Regelwerk Gemeinschaftsgefühl, Hilfsbereitschaft, Freundlichkeit, Respekt und Bescheidenheit.
Das „Quantensprung“-Familienkonzept erhielt 2018 den Förderpreis des bayerischen Staates.
Wer mehr erfahren will, vielleicht sogar teilnehmen will, sollte sich hier umschauen: http://taekwon-do-kulmbach.de/
(1) Breuer, Christoph u.a. (2011): „Family structure, time constraints and sport participation“, in: European review of Aging and Physical Activity, 8, p. 57-66.
(2) Wheeler, Sharon: „The significance of family culture for sports participation“, in: International Review for the Sociology of Sport, 47(2), p. 235–252.