Schule

Digitaler Unterricht – Der unaufhaltsame Weg

Digitaler Unterricht – Der unaufhaltsame Weg

Bianca Simon

Dort wo vor hundert Jahren Tintenfässchen, Schiefertafeln und Kreidestückchen lagen, lagen vor 50 Jahren ausschließlich Bücher, Hefte und ein Federmäppchen auf einem kleinen Holztisch. Und heute? Heute stehen den Schülern, ergänzend zu den Büchern und Heften im Unterricht oft Tablets zur Verfügung. Zudem sieht man im Klassenzimmer des 21. Jahrhunderts nicht mehr nur dunkelgrüne Kreidetafeln, sondern immer häufiger auch interaktive Touchdisplays. So kann der Unterricht von Schülern und Lehrkräften beispielsweise durch selbst erstellte interaktive Bücher und Erklärvideos angereichert werden. Zudem können am Touchdisplay zeitgleich mehrere Arbeitsergebnisse der Schüler betrachtet, verglichen und gemeinsam reflektiert werden.

Diese digitalen Medien integriert auch Bianca Simon in ihren täglichen Unterricht. Sie ist Lehrerin an der Friedrich-von-Ellrodt Schule Neudrossenfeld und gleichzeitig als medienpädagogische Beraterin digitaler Bildung (mBdB) für die Schulamtsbezirke Bayreuth und Kulmbach tätig. Sie berät aktuell zirka 66 Schulen und deren Schulaufwandsträger in der Stadt und im Landkreis Kulmbach und Bayreuth, darunter ebenfalls die Schulleiter, die Lehrkräfte und die Schüler selbst.

Eine Statistik von Duden Learnattack und YouGov hat Anfang 2019 Schülerinnen und Schüler (488), Lehrerinnen und Lehrer (204) und Eltern (419) zu den Vorteilen digitalen Lernens befragt. Auf Platz 1 landete damals bei den drei Parteien die Vielfalt der Lerninhalte, auf Platz 2 der zeit- und ortsunabhängige Zugriff und auf Platz 3 die Vorbereitung auf eine zunehmende digitalisierte Arbeitswelt.

Dass ein mündiger Umgang mit Medien unter anderem wichtig für den zukünftigen Job ist, findet auch Bianca Simon. Genauso wichtig sei es für sie, dass die Schüler das Gelernte auch jetzt schon in ihrem Alltag umsetzen können. „Das Internet ist kein rechtsfreier Raum“, sagt sie. „Die Schüler müssen lernen, Fake News zu identifizieren, ethnische Regeln für den respektvollen Umgang miteinander verinnerlichen, rechtliche Grundkenntnisse im Internet erwerben und einen sicheren Umgang mit sozialen Netzwerken lernen.“ Die medienerzieherische Arbeit sei also aktuell wichtiger denn je. „Begriffe wie Cybermobbing und Sexting sind leider keine Fremdwörter mehr.“ Apps wie WhatsApp, Facebook, Instagram, Youtube und TikTok sind vor allem in den höheren Klassen auf jedem Smartphone vorzufinden. Die medienerzieherische Arbeit müsse aber schon im früheren Alter geleistet werden. „Wir müssen den Kindern und Jugendlichen beibringen, welche Rechte und Pflichten sie im Internet haben und wie sie digitale Medien reflektiert und mündig einsetzen.“ Eine Statistik des Deutschen Jugendinstituts zeigt im Jahr 2016, dass im Alter von 6 Jahren 26 Prozent der Kinder das Internet nutzen. Im Alter von 8 sind es mehr als doppelt so viele: 63 Prozent. Für Frau Simon ist dies ein weiterer Grund dafür, dass Lehrer mit den Schülern schon im Grundschulalter damit beginnen sollten, medienerzieherische Themen zu behandeln und mediendidaktische Aspekte der Unterrichtsplanung zu berücksichtigen.

Laut Bianca Simon braucht digitale Bildung „ohne Zweifel entsprechende Ausstattung“. Aber das sei aber bei weitem nicht alles. Sie fügt hinzu: „Denn nur mit der nötigen Ausstattung gelinge keine Medienbildung, aber ohne Medienbildung könne sich der gesamte Nutzen der Ausstattung nicht entfalten. Ausstattung und Medienbildung müssen Hand in Hand gehen.“ Die Bertelsmann Stiftung erstellte dazu im Jahr 2017 eine Statistik: Von 542 Lehrkräften gaben 26 Prozent an, die digitalen Medien häufig für Projektarbeiten zu nutzen. 50 Prozent nutzen sie nur gelegentlich. Laut Bianca Simon wäre es wichtig, die digitalen Medien an gewinnbringenden Stellen fließend in den Unterricht zu integrieren und nicht nur zur reinen Projektarbeit zu nutzen. Am beliebtesten seien laut der Lehrerin bei den meisten: Tablets, Laptops, Beamer und Panels. Das verstehe sie, denn damit könne man im alltäglichen Unterricht am agilsten arbeiten.

Um die technischen Hilfsmittel nutzen zu können, muss man sie natürlich erst einmal besitzen. Entscheidend hierfür sei laut Bianca Simon das Medienentwicklungskonzept, das jede Schule erstellt. Dieses besteht aus drei Teilbereichen: dem Mediencurriculum, dem Ausstattungsplan und der Fortbildungsplanung. Die Schulen sollen sich bewusst darüber sein wo sie derzeit stehen, wo sie hinmöchten und wie sie ihre Ziele erreichen wollen. Dabei solle eine enge Kommunikation zwischen der Schule und dem zuständigen Schulaufwandsträger gepflegt werden.

Neben vielen Vorteilen, die der digitale Unterricht bietet, liest man dennoch immer wieder, dass es zu Problemen mit der Technik kommt. Neben der unzuverlässigen Medientechnik zeigt eine Statistik der Bertelsmann Stiftung, dass auch ungeklärte Lizenz- und Datenschutzfragen sowie die fehlende Medienkompetenz einiger Lehrer ein Problem für die Schulen darstellen. Umso wichtiger sei es, dass die Lehrkräfte Fortbildungen im Bereich der digitalen Bildung erhalten. Dem Vorurteil, dass ältere Kollegen kein Interesse und kein Verständnis für den digitalen Unterricht haben, kann Bianca Simon nicht zu stimmen. Sie sagt: „Das hat absolut nichts mit dem Alter zu tun.“ Es gäbe genug ältere Kollegen, die die Neuerungen in den Schulen sehr gut fänden und äußerst engagiert und medienkompetent seien. „Die Kinder befinden sich nun mal in diesem Lebensumfeld, in dem das Digitale nicht mehr wegzudenken ist.“ Die Eltern und Lehrer sollten sich dieser Verantwortung also stellen. „Man kann ebenso wie gegen Straßenverkehr auch gegen die digitale Bildung sein. Aber das Digitale findet nun mal statt. Wenn wir die Schüler nicht darauf vorbereiten, werden sie umgefahren. Wir müssen den Schülern also beibringen, sich mündig in der heutigen Welt zu bewegen.“

Auf die Frage, ob es in ein paar Jahren überhaupt noch klassische Schulbücher und Arbeitsblätter geben wird, antwortet Bianca Simon: „Sicherlich, und das ist auch wichtig und richtig so.“ Der Wechsel zwischen Digital und Analog trage zu einem reflektierten Nutzen bei. „Das ist genau das, was die Schüler unter anderem als Kompetenz erwerben sollten.“ Auf die Frage, ob sie das Digitale oder Analoge bevorzugt, sagt sie: „Es geht nicht um ein Entweder-oder, sondern immer um ein Sowohl-als-auch.“

Als Kontrast

Posted by Sarah Schmidt in Kindheit, Kindheit im Wandel der Zeit, Sarah Schmidt