Kirche

Religion und Glaube – Im Wandel der Zeit

Religion und Glaube – Im Wandel der Zeit

Ein Interview mit Pfarrer Ulrich Winkler

Themenschwerpunkte im Interview:

Audioslideshow Petrikirche

Der Glaube im Wandel der Zeit

Woran kann es Ihrer Meinung nach liegen, dass Kinder heutzutage weniger Interesse an Religion zeigen?

Kinder haben heute nicht weniger Interesse an religiösen Fragen. Interesse hat man dann, wenn man die Relevanz einer Angelegenheit für sich selbst erkennt. Die Relevanz der religiösen Fragen ist menschlich jederzeit akut. Man stellt sich Fragen wie: „Woher komme ich?“, „Wer gibt mir einen Sinn und ein Ziel in meinem Leben?“, „Bin ich allein oder ist da jemand mit mir unterwegs?“, „Wohin gehe ich?“, „Warum müssen Menschen sterben?“, „Was bedeutet eigentlich Leben?“, „Wie können wir miteinander in Gemeinschaft leben?“, „Warum gibt es überhaupt etwas und nicht vielmehr nichts?“ und vieles mehr.
Als meine älteste Tochter ein Kind war und eines unserer Haustiere starb, da war sie tieftraurig und weinte lange. Es half ihr, dass meine Frau mit ihr eine Beerdigung dieses Tieres mit einem Gebet vornahm. Das tröstete sie. Der Tod war so erstmals in ihr Leben getreten. Die Relevanz war da.

Und trotzdem hat man das Gefühl, dass gerade im Schulalter die Kinder und Jugendlichen den Wert von Religion weiter hinten ansiedeln. Woran könnte das liegen?

Das hängt aus meiner Sicht mit unserer Gesellschaft und mit dem Elternhaus zusammen. Denn Kinder selbst sind für mich ein unbeschriebenes Blatt, die alles annehmen, was ihnen von ihren Vorbildern vorgelebt wird.
Mit der Gesellschaft hängt es zusammen, weil Kirche hier neben anderen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften nicht mehr den zentralen Stellenwert hat, den sie noch vor einem Lebensalter hatte. Das hat vielerlei Ursachen, Ursachen von außen, aber auch hausgemachte. Einige Skandale der letzten Jahrzehnte haben da sicherlich auch zu beigetragen, und man übersieht, was Kirche alles Gutes tut.
Mit dem Elternhaus hängt es zusammen, weil den Kindern religiöse Praxis oft nicht mehr vorgelebt wird. Damit meine ich den sonntäglichen Kirchgang, das Hausgebet – am Tisch, am Morgen oder Abend – das Lesen der Bibel. Oft ist es so, dass die Großeltern als Wertevermittler nicht mehr im Haus wohnen, sondern in weiter Ferne. Weil eben auch oft im Krankenhaus oder im Seniorenwohnheim gestorben wird und nicht mehr zu Hause, Kinder also den Tod oft nicht mehr hautnah miterleben. Nicht zuletzt spielen auch die Medien eine Rolle, die die Kinder heutzutage viel mehr beeinflussen als vor einer Generation. Sie sind heutzutage oftmals die eigentlichen Erzieher, wenn die Eltern auf die Arbeit müssen. Die Frage wäre dann umgekehrt: wie kommt der Glaube bzw. wie kommt Kirche mehr in die Medien?

Was hat sich in unserer Gesellschaft verändert, dass Eltern, die zum Teil selbst religiös erzogen wurden, genau das heute nicht mehr bzw. weniger tun?

Ich denke, hier spielen einerseits gesellschaftliche Weichenstellungen eine Rolle, die schon vor vielen Generationen gestellt wurden. Der Autoritäts- und Bedeutungsverlust von Kirchen ist ein schleichender Prozess. Im letzten Jahrhundert wurde Kirche durch Nationalismus, Nationalsozialismus, Kommunismus oder auch dann in unserer westlichen Gesellschaft durch Individualismus und Kapitalismus zurückgedrängt.
Ein weiterer Grund seit dem Krieg ist sicherlich, dass es den Menschen vielleicht zu gut ging, so dass sie die Bedeutung von der Kirche nicht mehr sahen. Damals ging es auch um Machtfragen. Als die Jugend 1968 rebellierte, erachtete sie die Traditionen als altmodisch und überholt. Da wurde es schick, sich die eigene Weltanschauung zusammenzubasteln. Dann traten religiöse Fanatiker auf, die das Ansehen von Religion beschmutzten. Dazu kamen kirchliche Missbrauchsskandale.
Aber es sind auch innerkirchliche Gründe: Konservative und liberale Christen stritten sich über ethische Themen. Die Individualisierung der Gesellschaft zeigte sich auch innerhalb der Glaubensgemeinschaft. Neben den Großkirchen etablierten sich freie Kirchen und Gemeinschaften – Und alle traten miteinander in Konkurrenz. Da Arbeitnehmer und Schüler nur noch am Wochenende Zeit hatten, mussten Kirchen, als zusätzlicher Anbieter von Freizeitaktivitäten, auch noch in Konkurrenz zu Vereinen und anderen Kulturanbietern treten. Das alles wirkte sich auch auf die heutige Elterngeneration aus.
Aber zu Ihrer Frage: Es ist nicht überall so, dass Eltern ihre Kinder nicht mehr oder weniger religiös erziehen. Ich kenne auch viele Eltern, die gerade heute ihre Kinder wieder religiös erziehen, weil sie den Wert vom Glauben und der Gemeinschaft wiederentdecken. Vielleicht sehe ich hier sogar einen Trend.

Kann es sein, dass Familien die Religion heute zu „unbequem“ ist? Ich denke dabei an Argumente wie: „Der Gottesdienst ist eben zur falschen Zeit.“

Einerseits wünschte ich mir manchmal, dass Kirche mit ihren Forderungen und Vorstellungen „unbequem“ ist. Denn sie wirkt gerade für Christen, jenseits der Großkirchen, oft als zu angepasst. Hat nicht gerade Greta Thunberg gezeigt, dass man seine Überzeugung nur leben muss, um damit Erfolg haben zu können? Zeigten nicht der Klimawandel und die Corona-Krise, dass unser Lebensstil in mancherlei Dingen geändert werden muss?
Findet der Gottesdienst zur falschen Zeit statt? Ich glaube, es handelt sich manchmal nur um einen Vorwand, um die Schuld von sich wegzuschieben: „Ich möchte ausschlafen oder habe keine Lust, also sind die Gottesdienstanbieter schuld!“ Ich kann zumindest nicht feststellen, dass Angebote der Kirche am Samstagabend, am Sonntagabend oder unter der Woche besser angenommen werden. Und diese Möglichkeiten gibt es ja bei uns hier in Kulmbach.
Ja, zum Teil mag es an unserer Form des Angebots liegen. Oder auch an der Überzeugungskraft der kirchlichen Vertreter. Hieran können wir arbeiten. Aber teilweise liegt es auch daran, dass viele einfach nicht wollen, weil sie nicht müssen, und da kannst du noch so sehr einen Handstand in der Kirche machen. Ich frage mal umgekehrt: Sollte unsere Gesellschaft nicht den Wert von Ruhe und gemeinsamer freier Zeit, also kirchliche Sonn- und Feiertage, wiederentdecken? Auch, weil es die Schöpfung braucht? Kann der Gottesdienst nicht ein Ritual sein, das zur Entschleunigung und Besinnung beiträgt, so wie es gerade angesichts der Coronakrise gefordert wird?

Was löst das in Ihnen aus, dass immer weniger Leute in die Kirche gehen, mehr Kinder in den Ethikunterricht wechseln und immer mehr an ihrem Glauben zu Gott zweifeln? Wie haben Sie das zu Beginn ihrer Karriere wahrgenommen?

Zunächst einmal ist die Frage, ob immer weniger Menschen in die Kirche gehen. In meiner 25-jährigen Laufbahn als Pfarrer kann ich da Wellenbewegungen feststellen – je nachdem, wie gut Gemeinde zu einer Gemeinschaft zusammengewachsen ist, wie sehr der Pfarrer mit seinem Engagement in der Gemeinde geschätzt wird, wie sehr er oder sie auch kluge Entscheidungen fällt und andere Menschen mit einbindet. Die Kurve kann sich dann sehr wohl nach oben verschieben. Und das habe ich auch erlebt. Durch Angebotsvielfalt und Beteiligung vieler sind immer wieder große Gottesdienstversammlungen mit voller Kirche dagewesen. Hier in Kulmbach bin ich noch nicht lang genug, um aus einer reichen Erfahrung zu schöpfen oder irgendwelche Prognosen abgeben zu können. Aber auch hier erlebe ich bereits: Wenn ein Thema die Leute anspricht und viele beteiligt sind, dann füllt das auch die Kirchen.

Wie bringen Sie als noch recht neuer Pfarrer in Kulmbach den Jüngsten in unserer Gesellschaft den Glauben näher?

Eines meiner Anliegen ist es in der Tat, bei den Jüngsten anzusetzen. Ich liebe es, mit Kindern im Kreis zu sitzen und mit ihnen biblische Geschichten durchzuspielen. Bei der Vorbereitung merke ich dann oft, dass es gar nicht so leicht ist, Dinge, die für uns Erwachsene selbstverständlich sind, Kindern beizubringen. Das ist auch immer eine Herausforderung. Aber es macht viel Spaß. Ich arbeite gerne mit Kindern. Sie sind noch so aufgeschlossen und ehrlich. Sie lachen und streiten. Und das mag ich. Ich habe selbst vier Kinder mit großgezogen, und ich glaube, das Wichtigste ist nicht einmal, was du anbietest, sondern dass du die Kinder einfach liebhast und sie dir nicht auf die Nerven gehen. Darum stört es mich auch nicht, wenn Kinder im Gottesdienst mal laut sind. Ich würde gerne noch mehr Familiengottesdienste halten. Aber im Moment bin ich durch die Coronakrise ziemlich eingeschränkt. Vieles musste und muss ausfallen. Und das tut weh.
Wenn Sie nach dem „Wie“ fragen, dann ist das eine Methodik-Frage, das kann ich so pauschal nicht beantworten. Ich war ja selbst einmal klein. Ich versetze mich in die Kleinen hinein und überlege mir, was sie wohl ansprechen würde. Und ich hole mir auch Tipps aus Büchern oder dem Internet. Viel Wechsel in der Methodik ist mir wichtig: Erzählen, Singen – gerne auch mit Bewegungen – Spiel, Basteln, Essen. Die Glaubensfragen an sich, die sind aus meiner Sicht zeitlos. Ich behaupte, die Glaubensthemen interessieren jeden.

Haben Sie Angst davor, dass der religiöse Glaube immer weiter aus der Gesellschaft wegbricht?

Nein. Definitiv: nein! Wie schon oben gesagt: Die religiösen Fragen sind menschlich und werden immer da sein. Auch wenn sich die Antworten im Laufe der Jahre vielleicht ändern oder ausdifferenzieren. Ich erlebe den christlichen Glauben in der Beziehung als besonders stark, weil aus meiner Sicht die Bibel uns oftmals in Bildern und mit Überschriften antwortet und uns die Freiheit lässt, in der jeweiligen Zeit die richtigen Antworten zu finden. Auch mein Glaube hat sich im Laufe des Lebens immer verändert. Aber er ist da. Glaube bedeutet Vertrauen. Wo kein Vertrauen mehr herrscht, da ist menschliches Leben in einer zivilisierten Form gar nicht möglich. Auch wenn die christliche Liebe oft missverstanden wird: Ohne Liebe ist das Leben sinnlos. Die christliche Hoffnung ermöglicht uns erst, zuversichtlich in die Zukunft zu blicken. Davon bin ich überzeugt.

Audioslideshow Petrikirche

Der Gottesdienst mal anders?

Denken Sie, dass es den klassischen Gottesdienst in, sagen wir, 10 Jahren noch in dieser Form geben wird?

Ja, den wird es genauso noch geben wie neben ihm noch viele andere Formen. Denn das Ritual des Gottesdienstes ist eben auch für viele Menschen ein Halt für den Alltag. Wenn alles nur beliebig ist, Form und auch Inhalt, woran soll man sich dann noch halten?
Was wäre für Sie eine Alternativform? Würden Sie sich bei der Veränderung wohlfühlen?
Wie gesagt, es mag eine Ausdifferenzierung geben und die gab es über Jahrzehnte. Beispiele: Pietistische „Stund“, Evangelisationen, Taizégottesdienste, pfingstlerische Heilungsgottesdienste, charismatische Lobpreisgottesdienste, Alltagsexerzitien, Freiluftgottesdienste, Thomasmesse und noch vieles mehr. All das sind für mich auch Gottesdienste, solange sie im Namen Gottes beginnen und mit dem Segen Gottes enden. Und ich fühle mich bei jedem einmal mehr und einmal weniger zu Hause. Aber als Pfarrer mache ich vieles mit, wenn die Gemeinde das wünscht.

Wer legt eigentlich den Aufbau eines evangelischen Gottesdienstes fest? Wäre es einfach ihn zu verändern?

Die katholische Messe hat sich im Laufe der Jahrhunderte entwickelt. Martin Luther nahm sie zum Vorbild und entwickelte aus ihr 1526 die Deutsche Messe. Im Großen und Ganzen folgt unser heutiger evangelischer Gottesdienst mit seiner Grundform 1 (G 1) immer noch diesem Modell. Das ist ein Ritus, der für Kinder (auch für mich früher) oft langweilig erscheint, weil man nicht kapiert, warum er so ist wie er ist. Es erklärt einem halt auch keiner, bis man das dann im Konfirmandenunterricht mal lernt. Ehrlich, wir sollten immer wieder einmal an gewissen Sonntagen „Gottesdienst erklärt“ feiern, wo die einzelnen Abschnitte besprochen werden und die mittelalterlichen Lieder durch moderne ersetzt werden. Aber der Aufbau des Gottesdienstes folgt einem Ritus – oder wie es Manfred Josuttis mal formulierte dem „Weg ins Leben“. Das heißt: aus dem Alltag ankommen, vor Gott treten, das vor ihn bringen, was einen bewegt – Sorgen und Schuld, Not und schließlich Lob – dann auf sein Wort hören und es vom schriftkundigen Pfarrer ausgelegt bekommen, dann mit den Nachrichten aus der Gemeinde in die Fürbitten gehen und nach dem Vaterunser den Segen für die kommende Woche mit auf den Weg bekommen. Eigentlich ein nachvollziehbares Ritual, finde ich.

Viele Kinder und Jugendliche finden den Gottesdienst, insbesondere die Predigt, oft zu langweilig oder zu lange. Was wäre Ihrer Meinung nach, eine Methode, die Predigt besonders für Kinder etwas anschaulicher zu machen?

Oh, dazu gäbe es unzählige methodische Möglichkeiten: von Kleinigkeiten wie „einmal einen Witz einfügen“ oder „gereimte Predigt“ über methodische Anschauungsmaterialien bis hin zum Einsatz moderner Medien. Wenn so etwas zu wenig gemacht wird, liegt es meistens an der mangelnden Zeit für die Vorbereitung. Weil der Pfarrer ja nicht die ganze Woche zu Hause sitzt und nur überlegt, was er am Sonntag auf der Kanzel sagen könnte. Aber ich kenne viele, die das sehr gut beherrschen.

Ist für Sie der Gang in die Kirche ein wichtiger bzw. entscheidender Bestandteil des Glaubens?

Ja. Definitiv. Ein Sonntag ohne Kirche – da fehlt mir schon was. Für mich als Privatperson, nicht nur als Pfarrer, ist meine Woche ohne einen Sonntagsgottesdienst irgendwie nicht abgerundet. Denn im Gottesdienst komme ich zu mir selbst. Und: Im Gottesdienst erlebe ich Gemeinde, und das finde ich ganz wichtig auch für meinen eigenen Glauben. Das Zusammenkommen ist ein wichtiger Bestandteil, denn der Mensch braucht gemeinsame Rituale. Egal ob das gemeinsame Singen, das Beten oder die Fürbitten, das alles gibt den Menschen Kraft und sie bekommen das Gefühl von Gemeinschaft.

Bietet die Petrikirche, neben der Konfirmation, noch weitere Anlässe, um Kinder und Jugendliche in die Kirche zu locken?

Ja, durch Taufen, durch Kleinkindgottesdienste wie den „Gottesdienst für kleine Strolche“ oder den Kindergottesdienst „Time4Kids“, das Erzählen biblischer Geschichten im Kindergarten, den Kinderchor, das Krippenspiel oder das Kindermusical. Wir haben viele Ideen. Was im Moment noch fehlt ist die Zeit, alles umzusetzen, und die Zeit seitens der Mitarbeitenden, die ja auch noch ein eigenes Leben haben. Im Moment sind wir durch Corona völlig lahmgelegt. Und dann habe ich im Bereich der Jugendarbeit auch noch das Problem, dass man viele Jugendliche mit den herkömmlichen Medien nicht mehr so leicht erreicht. Wie soll ich denn einladen, wenn Jugendliche keine Zeitung lesen? Aber Gott sei Dank gibt es hier die Evangelische Jugend, die viele Jugendliche in Kulmbach erreicht.

Die Digitalisierung in den Kirchen

Wie weit sind die bayerischen Kirchen in Sachen Digitalisierung schon vorangeschritten?

Ich denke, sehr weit. Aber viele sind da viel weiter als ich.

Was hält die Pfarrer, besonders Sie selbst, eventuell noch ein bisschen davon ab, zusätzlich auf das Digitale zu setzen?

Die Zeit und die Kompetenz. Aber ich mache ansonsten schon viel digital. In meiner letzten Gemeinde musste ich den Gemeindebrief erstellen, und der kam gut an. Seit ich in Kulmbach bin, musste ich viel digital dazulernen, und das stresst schon. Oft fehlt einfach trotzdem das nötige Know-How.

Gibt es für Sie selbst eine Grenze was das Digitale betrifft? Stichwort: Gottesdienst-Live-Übertragung im Internet, Segensroboter oder einen Glaubens-Podcast?

Gottesdienst-Live-Übertragung kann ich mir vorstellen, habe ich aber in der Form noch nicht gemacht. Aber ich glaube, ich bräuchte dazu immer eine Gemeinde. Einfach so ins Nichts hinein zu sprechen, das wäre schon komisch. Segensroboter? Nie gehört. Klingt für mich auch komisch, weil Segen was Beziehungsmäßiges, was Persönliches ist. Das kann doch keine Maschine! Glaubens-Podcast finde ich gut, habe ich aber noch nie gemacht.

Was beziehungsweise wer genau hält die Entwicklung diesbezüglich noch zurück?

Die liebe Zeit. Als Pfarrer bin ich sehr viel auf der zwischenmenschlichen Ebene unterwegs. Sprich: in realen Gottesdiensten samt Kasualgottesdiensten, bei Seelsorgegesprächen, Besuchen, im Unterricht, in Gruppenstunden, Sitzungen und vielem mehr.
Und dann bleibt die generelle Frage: Brauchen wir mehr Digitalisierung und Vernetzung? Jetzt in Zeiten der Coronakrise, wo man nicht mehr aus dem Haus darf, ist die Vernetzung über die digitalen Medien ein Segen. Aber es gibt ja auch negative Folgen, wie erhöhten Stromverbrauch, Computer- und Handysucht, der Stress durch die fortwährende Erreichbarkeit, Hass im Internet oder die Anfälligkeit für Cyberattacken. Mal von normalen Zeiten ausgegangen: Brauchen wir nicht auch mal wieder mehr die persönliche Begegnung?

Der „neue“ Religionsunterricht?!

Was würden Sie von einer Zusammenführung des evangelischen und katholischen Religionsunterrichts halten?

An vielen Schulen gibt es das sozusagen schon „unter der Hand“. In den Religionsgruppen sind dann katholische und evangelische (und bekenntnislose) SchülerInnen und werden von einer evangelischen ODER einer katholischen Lehrkraft unterrichtet. Manchmal ist das einfach organisatorisch die einfachere Lösung. Und natürlich spielen die konfessionellen Unterschiede im Vergleich zu früher eine viel geringere Rolle. Trotzdem finde ich es wichtig, diese noch zu benennen – weil sich darin ja durchaus auch die Vielfalt christlichen Glaubens zeigt. Es würde tatsächlich ein großer Teil religiöser Reichtum wegfallen, wenn man nur noch auf das zurückgreifen würde, was bei allen „gleich“ ist. Aber das ist sicher auch in einem ökumenischen Religionsunterricht möglich.
Wichtig finde ich, dass in jedem Fall im Religionsunterricht die Grundlagen des christlichen Glaubens nicht zu knapp behandelt werden. Meine SchülerInnen melden mir immer wieder zurück, dass sie es zwar interessant finden, sich mit anderen Religionen zu befassen – aber, dass ihnen dabei die eigene Religion gelegentlich zu kurz kommt. Da muss Schule halt auch einiges auffangen bzw. „nachholen“, was nicht mehr in den Familien geschieht oder auch nicht mehr geschehen kann.

Posted by Sarah Schmidt in Kindheit, Kindheit im Wandel der Zeit, Sarah Schmidt