Was ist das „Septembertestament“? War Luther der Erste, der die Bibel übersetzte? Warum teilt man sie eigentlich in „Verse“ ein? Und was hat es mit dem „geheimen Judas-Evangelium“ auf sich? Diese und viele weitere Fragen beantwortet die theologische Fachschule in Brake in ihrer Wanderausstellung „Abgestaubt“. Ziel ist es, bei Kindern und Jugendlichen das Interesse für das Buch der Bücher zu wecken. Vom 2. – 8. März 2020 waren die Bibelschüler am Markgraf-Friedrich-Gymnasium in Kulmbach zu Gast.
Alte Werte
„Fast jeder Haushalt hat ja eigentlich eine Bibel zuhause, meistens unter einer dicken Staubschicht versteckt. Wir möchten mit der Ausstellung Mut machen, dieses Buch als aktuelles Buch zu entdecken, das tatsächlich noch in unser Leben hineinspricht“, erklärt Volker Schnüll, Lehrer an der theologischen Fachschule in Brake. Doch wie kann es das, mit einem Alter von über eintausendfünfhundert Jahren? Die Bibel ist das meist gedruckte, am häufigsten übersetzte und am weitesten verbreitete Buch der Welt. Sie wird auch heute noch in der Weltliteratur, in Spielfilmen und in der Kunst zum Thema gemacht. Die Bibelausstellung, die sich in sechs zusammenhängende Module gliedert, befasst sich unter anderem auch mit den aktuellen Medien.
„Die Bibel bleibt in gewisser Weise immer up-to-date“, erklärt Schnüll, „weil sie zeitlose Themen anspricht, zum Beispiel das soziale Miteinander“. Seit Jahrhunderten richten Menschen ihr Leben nach der Bibel aus. Dass ihr Einfluss heute noch nachwirkt, merkt man zum Beispiel an der Präambel des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland. Diese hat einen Gottesbezug: “Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen […] hat sich das Deutsche Volk […] dieses Grundgesetz gegeben”1. Wenn man noch weiter gehen möchte, bemerkt man auch, dass es Parallelen zwischen den Zehn Geboten und dem Grundgesetz gibt. Zum Beispiel ähneln sich Art. 2(2): „Jeder hat ein Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit“ 2 und das fünfte Gebot, „Du sollst nicht töten“. Daraus folgt, dass die Werte, die die Bibel vermittelt, keineswegs veraltet sind. „Und darum geht es“, erklärt Angelika Sachs, Sozialpädagogin des Markgraf-Friedrich-Gymnasiums. „Wenn man den Schülern die Bibel nahe bringt, bringt man ihnen Werte nahe“.
Neu vermittelt
Die Schüler des Gymnasiums werden im Unterricht dazu angehalten, Bibelstellen selbst zu interpretieren, zu visualisieren und sich darüber auszutauschen. Gleichsam interaktiv werden die Besucher der „ABGESTAUBT.“ – Wanderausstellung dazu eingeladen, sich an einer Gutenberg-Presse zu versuchen oder Papyrus und Pergament zu betasten.
Die Ausstellung bildet jedoch nur einen Teil der Projektarbeit der Bibelstudenten: Um die junge Bevölkerung spielerisch für den Glauben zu begeistern, ist im Kaufhaus „Fritz“ in Kulmbach in Kooperation mit der freien Christengemeinde Stadtsteinach ein „Escape Room“ für Jung und Alt entstanden. Die Regeln waren einfach: 30 Minuten hatte jeder Spieler Zeit, um anhand einer Vielzahl von Hinweisen den Weg durch die Bibel und aus dem dort aufgebauten, provisorischen Verlies zu finden. Der Gedanke dahinter: „Gott befreit“.
Mit Bezug zum „Hier und Jetzt“
Ähnlich titelt der Jugendgottesdienst in der Spitalkirche am Freitag, 6. März 2020. „Freedom for future“, steht in großen roten Buchstaben auf dem Banner über dem Altar, angelehnt an den Namen der jungen Aktivistengruppe „Fridays for future“. Freiheit zu erlangen ist einfach, vermitteln die Bibelschüler, man müsse nur glauben. „Oft werden wir von Sorgen und Schuld bedrückt. Hier kommt Gott ins Spiel. Er ist Mensch geworden und hat diese Schuldfrage gelöst“, erklärt Volker Schnüll.
Was das für den Einzelnen bedeutet, erklären die Studenten der Bibelschule in Erfahrungsberichten. Rosa*, 23 Jahre, litt von klein auf unter ihrer Neigung zum Perfektionismus: „Wenn etwas schief ging, habe ich mich fertig gemacht“. Sasha*, 24 Jahre, geriet früh auf die schiefe Bahn: „Ich habe 18 Jahre lang ohne Gott gelebt“. Auch Jonas*, 29 Jahre, hat sehr lange von einem Tag zum nächsten gelebt, ohne sich „die großen Fragen“ zu stellen. „Doch irgendwann ist es soweit, irgendwann sind diese Fragen da. Dann steht man da oben“, sagt Sasha am Rednerpult und blickt gen Decke, „und dann ist es gut, Jesus als Anwalt zu haben.“ Jesus Christus, der einen liebe, so wie man sei, und nicht liebe für das, was man geleistet habe, fügt er hinzu. Jesus Christus, der dem Leben einen Sinn gebe, den man vielleicht selbst noch nicht sehe. Jesus Christus, der auch da sei, wenn alle anderen gegangen sind.
Einige Gesichter im Saal zeigen sich einsichtig, nicken, lächeln. Andere scheinen weniger überzeugt von seinen Worten, rümpfen die Nase, runzeln die Augenbrauen. Aber die Bibelschüler sind dennoch zufrieden mit ihrer Leistung: „Wir sind nicht hier, um Menschen zu bekehren – was wir tun möchten, ist: Den Menschen die Bibel näherbringen“.
(1) Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit: Verfassung des Freistaates Bayern. Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland. Überblick Europäische Union. Der Bayerische Landtag. Funktionen und Aufgaben, München 2007, S. 109.
(2) Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit: Verfassung des Freistaates Bayern. Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland. Überblick Europäische Union. Der Bayerische Landtag. Funktionen und Aufgaben, München 2007, S. 111.
Mehr Informationen gibt es hier: http://abgestaubt.de/abgestaubt/
*Namen wurden geändert
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